Kirchen und Frieden - Rundbrief von Church and Peace
Frühling 2003
Der Krieg wird nicht das letzte Wort haben
Jetzt ist die
Stunde der Trauer. Wieder einmal werden wir auf spektakuläre Weise Zeugen
dessen, was Regierungen wagen, uns als gerechten und notwendigen Krieg
vorzuführen – und das trotz der Bemühungen der internationalen Diplomatie und
der weltweiten Proteste. Daran ändert auch die religiöse Sprache nichts, die
den Angriff auf den Irak untermauern soll. Anstatt das Böse aus der Welt zu
verbannen, trägt dieser neue Krieg dazu bei, es zu vervielfachen. Wir werden in
der Tat Zeugen einer Entfesselung destruktiver Kräfte. Die unmittelbaren Opfer
sind Tausende von Menschen, unter ihnen die Schwächsten. Die Folgen dieses
Unternehmens sind sowohl mittel- als auch langfristig unberechenbar.
Jetzt ist die
Stunde der Trauer, jedoch nicht die der Entmutigung. Eine der unerwarteten
Folgen dieser neuen Katastrophe war und ist der immense Protest weltweit,
besonders aus den Kirchen. Nie zuvor in der Kirchengeschichte waren sich
Christen derart einig in der Ablehnung eines Krieges. Dieser außerordentliche
Elan hilft allen gewissenhaften und gläubigen Menschen, sich nicht entmutigen
zu lassen, sondern die Ereignisse in einem neuen Lichte zu sehen. „So schrecklich
der Krieg, er wird nicht das letzte Wort haben. (…) Dies ist eine Zeit des
Zweifels und der Gefahr, aber es ist auch eine Zeit der Hoffnung und eine
Chance der Wahrheit.“ So schrieb uns kürzlich Hansulrich Gerber, ein ehemaliges
Vorstandsmitglied von Church and Peace. Der spontane Elan des Protestes möge
sich in eine Bewegung des Dienstes für den Frieden verwandeln. Dies ist die
Herausforderung, speziell für die Kirchen. Aus dem Nein zum Krieg sollte ein Ja
für einen gerechten Frieden werden!
Jetzt ist die
Zeit zu Handeln. In den vergangenen Wochen hat unser Verein versucht, über
E-mail über den Widerstand gegen den Krieg zu berichten. Diese Ausgabe vom
Rundbrief berichtet über beispielhafte Aktionen, die aus dem Netzwerk von
Kirchen und pazifistischen Gruppen während der vergangenen Monate durchgeführt
wurden: Die Erfahrungen einer Delegation im Irak (Seite 3) und der Bericht über
eine Fastenaktion in New York (Seite 1). Weitere wichtige Aktionen werden hier
nicht dokumentiert: zahllose Gebete für den Frieden, Andachten vor
Militäranlagen, Blockaden von Militäreinrichtungen , Unterstützung und Beratung
für Kriegsdienstverweigerer, Petitionen, sowie die Friedensdemonstrationen vom
15. Februar und 15. März… So viele Zeichen der Hoffnung angesichts einer scheinbar
ausweglosen Situation! Weitere Aktionen müssen folgen, damit dieser Kampf
seinen Elan nicht verliert.
Jetzt ist die
Zeit des Nachdenkens und der Zusammenarbeit. Diese Zeilen werden in der
Passionszeit geschrieben. Diese Zeit „erinnert uns daran, dass dem Skandal der
Gewalt das Rückgrat gebrochen ist“ (Hansulrich Gerber). Laßt uns diese Wahrheit
meditieren und fest daran halten. Das kommende internationale Treffen von
Church and Peace in der Theologischen Fakultät von Osijek (Seite 4) wird eine
gute Gelegenheit bieten, dieser Wahrheit weiter nachzugehen und zu bedenken,
„was dem Frieden dient“. Gläubige aus ganz Europa sind dazu eingeladen in einer
Region, die sich gerade erst von ihren Kriegsverwundungen erholt. Möge der Gott
des Friedens diese Zusammenkunft fruchtbar machen und die TeilnehmerInnen in
der Hoffnung des Apostelwortes bestärken: „Die Frucht der Gerechtigkeit aber
wird in Frieden gesät von denen, die Frieden halten“ (Jakobus 3,18). Denn so
schrecklich der Krieg auch sein mag, so hat er doch nicht das letzte Wort.
Marie-Noëlle
von der Recke
Übersetzung:
Hannes Steffen
*****
Fasten in New York: Appell für ein Innehalten
Theo Döllgast
Ein Nicht-Tun
wird ein Tun: das ist das alte Paradox des Fastens. Die Arche hatte die
Inspiration, anlässlich des Irak-Krieges ein einwöchiges Fasten zu
veranstalten. Ort: New York. Zeit: 16. bis 22. Februar, beginnend am Tag nach
den weltweiten Demonstrationen. Beteiligte: 11 Arche-Mitglieder aus Frankreich,
Deutschland, Italien, Spanien, Grossbritannien und der Insel Jersey. Gastgeber
war eine katholische Pfarrei in Brooklyn; Mitwirkende und teilweise Mitfastende
waren Glieder der Quäker, Mennoniten, Methodisten, Franziskaner, zwei jüdische
Familien und eine Reihe von NGO's, darunter IFOR-USA und Pax Christi New York.
Das Konzept:
ein Fasten im gandhischen Sinn, kein Hungerstreik; Appel an das Sensorium
'Gewissen', nicht Erpressung; Ansprechen des Anderen in seinem Inneren, nicht
Repetieren bekannter Argumente. Unsere Adressaten sollten vor allem die
UN-Sicherheitsrats-Mitglieder sein als die oberste Entscheidungsinstanz ZUT
Zeit. Wir hatten konzentrischen Zugang zu ihnen über vier Delegationen bei der
UNO: die vatikanische, die deutsche, die der Mennoniten, und die der
Franziskaner. Dass unsre Botschaft tatsächlich angekommen ist, bestätigte Hans
Blix bei einem kurzen Interview mit unserm Filmemacher: er wisse wohl von
unserer Aktion!
Der einfache,
aber gedrängte Tageslauf: morgens und abends medi-tatives Zusammensein der
Gruppe, Austausch, Absprachen. Vormittags und mittags unsere Präsenz in
Kirchenräumen, Büros (z.B. bei den Mennoniten mit Blickkontakt direkt zum nahen
UN-Gebäude), oder im winzigen Meditationsraum des UN-Gebäudes. Dies waren wohl
die stärksten Stunden, wo wir mit unseren kleinen Kräften vor der
Riesen-Maschinerie der UNO sassen, mitten im Walfischbauch Manhattans, verloren
und doch nicht verloren. Nachmittags Rendez-Vous, Telefonieren, Schreiben,
Lesen. Ein nützlicher Begleit-Text war das Buch eines unsrer Teilnehmer*, das
der Gewalt-Neigung der Amerikaner nachgeht von den Wurzeln aus der Kolonialzeit
bis ins Aktuelle.
Wir sind
zurückgereist: Zur Zeit, da ich dies schreibe (17.März) findet der illegale
Krieg zwar statt, aber die Invasion hat noch nicht begonnen. Eine neue
Fünfer-Gruppe der Arche hat das Fasten dort vom 9. bis 15.März
wiederaufgenommen, im gleichen Geist und vor den gleichen Adressaten. Nicht
aufgeben, auch wenn die Chancen null sind: das ist ein weiteres Lebens-Paradox.
* Alain J.Richard, Roots Of Violence In The
U.S.Culture, ISBN 1-57733-043-9
Die Wahrheit : das erste Opfer eines Kriegs
Cor Keijzer
„Der perfekte
Reisende weiß nicht, wohin seine Reise geht“ Lie Tseu (4.Jh.v.Chr.)
Dies gilt noch
heute, auch für mich. Anfang Februar bin ich in den Irak gereist. Als Vertreter
für Church & Peace nahm ich teil an einem Friedenseinsatz von CPT
(Christian Peacemakers Team). CPT wurde von den Friedenskirchen in Amerika
gegründet (Quäker, Mennoniten und Brüder-kirchen). Zur Zeit versucht CPT, jeden
Monat eine Abordnung von 10 bis 15 Personen in den Irak zu senden. Dies
bedeutete für mich eine einzigartige Gelegenheit festzustellen, dass es eine Vielzahl von Amerikanern gibt, die
sich der aggressiven Politik des Weißen Hauses entgegenstellen.
Ziel dieser
Friedenseinsätze ist es, vor Ort die Stimme der irakischen Bevölkerung zu
hören. Zudem geht es darum, Informationen an die Medien in unseren
Heimatländern weiterzugeben. Beides ist sehr wichtig, denn objektive
Meinungsäußerungen fallen häufig der Propaganda zum Opfer. Die Wahrheit ist
immer das erste Opfer, das ein jeder Krieg fordert. Glücklicherweise gibt es
noch stets einige Zeitungen, die versuchen, die Öffentlichkeit frei von allem
Druck zu informieren. Als Ergebnis formieren sich in mehreren Ländern
Mehrheiten, um eine positive Lösung der vielfältigen Konflikte im Nahen Osten
zu finden. Frankreich und Deutschland spielen hierbei eine sehr wichtige Rolle.
Wir müssen die Regierungen dieser beiden Länder ermutigen, diesen Weg weiter zu
verfolgen. Die Geschichte wird es ihnen einmal danken, dass sie einen
entscheidenden Beitrag zur Verhinderung eines dritten Weltkrieges geleistet
haben.
Während meines
Aufenthalts im Irak hörte ich überall dieselben Fragen: Warum lasst ihr uns so
lange leiden? Beendet die Sanktionen, beendet die Bombardements! Es reicht! Die
Amerikaner und Briten verwenden Waffen, die unser Land für Jahrhunderte
zerstören. Dies sind Massenvernichtungswaffen, die vor allem die
Zivilbevölkerung treffen. Handelt es sich nicht um Völkermord, wenn die
Vereinten Nationen berichten, dass mehr als eine Million Kinder und ältere
Menschen völlig unnötig aufgrund der Sanktionen und Bombardements ihr Leben
lassen mussten? Schlimmer noch ist, dass jeden Monat 4-5000 Kinder an Leukämie
oder anderen Formen von Krebs sterben.
Ich bin seit
dem 15. Februar wieder zu Hause. Ich bin jedoch noch immer aufgebracht. Wer
gibt uns das Recht, die irakische Bevölkerung derart zu demütigen? Wir sind uns
offenbar nicht alle im Klaren darüber, dass eines Tages unsere eigenen Kinder
die Rechnung begleichen müssen. Ein afrikanisches Sprichwort sagt: „Wir haben
die Erde nicht von unseren Eltern geerbt, sondern sie wurde uns von unseren
Kindern geliehen.“
Ich liebe meine
fünf Kinder sehr. Lieben sie ihre auch?
Leeuwarden –
Niederlande, 4. März 2003
Übersetzung:
Stefanie Geserich
Internationale Church and Peace Tagung 2003
Partnerorganisationen vor Ort: Evangelische
Theologische Seminar
Aus ihren
bescheidenen Anfängen 1972 im Keller einer Kirche in Zagreb (früheres
Jugoslawien) entstand das Evangelische Theologische Seminar (ETS). Es gilt
heute als eines der wichtigsten christlichen Ausbildungsinstitute in Osteuropa.
Das ETS war eine der wenigen protestantischen Institutionen, die noch während
der kommunistischen Ära Laien und Pastoren in Zentral- und Osteuropa,
einschließlich der früheren Sowjetunion, ausbil-dete. Die Einschränkungen der
Religionsfreiheit in den anderen Teilen der Region ließ das ETS zu einem
bedeutsamen Zentrum theologischer Ausbildung werden.
31 Jahre später
üben Hunderte von ETS-Absolventen ihr Amt in allen Kontinenten und in mehr als
40 Nationen aus. Heute beherbergt das Seminar über 70 Vollzeit- und 200
Teilzeit-Studenten aus achtzehn Ländern und neun unterschiedlichen
Konfessionen. ETS-Absolventen haben sich bei der Gründung neuer Gemeinden und
christlicher Werke engagiert, welche unter anderem Radio- und Fernsehprogramme,
Videosendungen und Aktivitäten unter Studenten umfassen. Die Dozenten und ihre
Studenten hatten und haben einen enormen Einfluß, nicht nur während der schwierigen
Zeit des Kommunismus, sondern besonders auch heute in der post-kommunistischen
Ära. Das Seminar dient weiter als wichtige Brücke zwischen Ost und West.
Das Seminar
arbeitet heute von seiner Ausrichtung sowohl international wie
interkonfessional. Sein Bestreben ist es, Führungskräfte für die neue
Generation der post-kommunistischen Ära auszubilden.
Eine Abteilung
des Seminars, das Institut für Leben, Frieden und Gerechtigkeit, ist bestrebt,
auf der Basis des biblischen Verständnises von Würde und Wert des Menschen im
Bilde Gottes, die praktischen Konsequenzen des Evangeliums zu verdeutlichen.
Mit diesem Ansatz hofft das Institut, die Makrostrukturen der Gesellschaft zu
beeinflussen, indem es den Dialog und die Verbreitung von Ideen unterstützt, die
Frieden und Gerechtigkeit ermöglichen. Auch die gesellschaftlichen
Mikrostrukturen, wie z.B. die zwischenmenschlichen Beziehungen oder die
Familie, werden durch die Aktivitäten des Instituts beeinflußt.
Zu den
vornehmlichen Zielen des Instituts für Leben, Frieden und Gerechtigkeit
gehören:
• Übersetzung
und Veröffentlichung wichtiger Werke zu den Themen Gerechtigkeit, Frieden und
Leben
• Förderung des
Dialogs zwischen den religiösen Führern an der Basis der Gesellschaft
• Vermittlung
von Gastdozenten für Bereiche wie Konfliktbearbeitung oder Traumaarbeit
• Förderung von
Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich Friedenserziehung für Lehrerinnen und Lehrer
• Unterstützung
von Gruppen mit ähnlicher Ausrichtung.
Das Training
von Kroaten zur Weiterführung des Programms ‚Alternativen zur Gewalt’ und die
Organisation eines Seminares mit Miroslav Volf und Friedensarbeiterinnen und
Friedensarbeitern Vorort sind einige Bespiele für das Engagements des Instituts
für Leben, Frieden und Gerechtigkeit in jüngster Zeit. Ein Studiengang Master
of Arts in Friedensforschung (Eirenologie) ist in Vorbereitung.
Übersetzung:
Hannes Steffen, Ernst von der Recke
Überwinde das Böse durch das Gute
Church and Peace deutschsprachige Regionaltagung
Wolfgang Krauss
“Überwinde das
Böse durch das Gute” dazu ermutigte Paulus die Gemeinde in Rom (Römer 12, 21).
So lautete auch das Motto der gemeinsamen Tagung von Church und Peace und dem
Deutschen Mennonitischen Friedenskomitee. Das DMFK hatte seine traditionelle
Herbsttagung in der Tagungsstätte Karlsruhe-Thomashof (18.-20.2002) dem
deutschsprachigen Netz der europäischen friedenskirchlichen Bewegung Church and
Peace geöff-net. Hauptreferent war Dr. Arnold Neufeldt-Fast vom Theologischen Seminar Bienenberg. Er führte
uns in zwei großen Themenblöcken ein in das Thema Konflikttransformation und
stellte Methoden, Modelle und Entwicklungen vor.
Vom Konfliktmanagement zur Konflikttransformation
Zunächst
zeichnete Arnold Neufeldt-Fast auch anhand seiner eigenen Biografie die
Entwicklung mennonitisch-friedenskirchlicher Theologie und Praxis von der
Haltung eher passiver Wehrlosigkeit (Nonresistance) zum aktiven Friedenshandeln
nach. Dann gab er einen Überblick über die Entwicklung der Friedens- und
Konfliktforschung und der daraus entwickelten Konzepte und Methoden. Vor allem
führte er ein in das Konzept des mennonitischen Konfliktforschers und
Friedensarbeiters John Paul Lederach. Lederach entwickelte in ständiger
Rückkopplung mit seinen praktischen Erfahrungen der Konfliktarbeit weltweit ein
Konzept, das die eher mechanischen Ansätze des Konfliktmanagements überführt in
ein ganzheitliches Konzept der Konflikttransformation. Nicht auswärtige
Konfliktmanager führen westliche Methoden ein in Konflikte, deren Tiefe ihnen
selbst teilweise verschlossen bleibt, sondern ausgehend von Schlüsselgruppen
werden die Betroffenen, tendenziell die ganze Gesellschaft, beteiligt an der
Umwandlung des Konfliktpotentials in schöpferische Aufbauprozesse. Dieses
Konzept der “Konflikttransformation” integriert einander bisher oft
widerstreitende Konzepte von Diplomatie über Mediation bis hin zu verschiedenen
Graswurzelaktivitäten. Es ordnet die verschiedenen Methoden unterschiedlichen
Zeitphasen und Bezugsgruppen zu und integriert sie in ein langfristiges
generationenübergreifendes Gesamtkonzept.*
In vier
Arbeitsgruppen gaben Fachleute Einblick in verschiedene Praxisfelder. Frieder
Boller, Gemeindepastor aus Ingolstadt, informierte über Konfliktbearbeitung in
der Gemeinde; Ernst von der Recke, Laufdorf, gab eine Einführung zur
Streitschlichtung in Schulen; Reinhard Kober, Hamburg, berichtete über seinen
Einsatz mit Christlichen Friedensstifterteams in Hebron, Palästina; Anna und
Otto Raffai, Zagreb, schilderten Problematik und Chancen der Versöhnungsarbeit
in Kroatien, Bosnien und Serbien.
Ein Mosaik friedenskirchlicher Spiritualität
Die
Gebetszeiten gaben einen lebendigen Eindruck vom Mosaik friedenskichlicher
Spiritualität: ein als stille Quäkerandacht gestaltetes Morgengebet wurde
geleitet von einem Sonderschullehrer, der einst Freiwilliger im DMFK-Büro war;
die Abendgebete wurden gestaltet von einem mennonitischen Ehepaar aus der
Schweiz und Gliedern einer landwirtschaftlichen Hofgemeinschaft evangelischen
Hintergrundes aus Württemberg.
Ein wirklich
bunter Samstagabend versammelte alt und jung zu Spiel und Spass, Gedichten,
Liedern und Geschichten. Aus eigener Erfahrung wurden Beispiele der Überwindung
von Bösem durch Gutes und des friedenstif-tenden Umgangs mit Bedrohung und
Gewalt mitgeteilt.
Das Seminar
schloss mit einem bewegenden Gottesdienst. Ana Raffai legte in ihrer Predigt
Röm 12, 21 aus. Sie berichtete von frustrierenden, aber auch von mutmachenden
Erfahrungen beim Vermitteln der Methoden gewaltfreien Handelns. Wer weiß, was
das Böse ist? Diejenigen, die es erleiden. Wie geschieht Überwindung des Bösen?
Ist das Gute einfach ein Werkzeug mit dem das Böse mechanisch überwunden werden
kann? Oder ist es nicht vielmehr eine gelebte Haltung? Ein Lebensweg als
Antwort auf das Böse, ein Lebensweg zu seiner Überwindung? Menschliche Rache
und der Ruf nach Strafe können nichts wiedergutmachen. Wenn wir jedoch die
Rache an Gott abgeben, hat er die Chance, eine Dynamik in Gang zu setzen. Er
bietet allen Seiten Leben statt Vernichtung. – In Fürbitte und Klage brachten
wir Situationen der Ungerechtigkeit und der Gewalt vor Gott.
*Die Referate werden im Laufe des Jahres 2003 als
Dokumentation erhältlich sein.
Globalisierte Gewalt - Globalisierung des Friedens
Church and Peace französischsprachige Regionaltagung
Die französischsprachige
Tagung von Church and Peace fand vom Freitag, 25. Oktober, bis Sonntag, 27.
Oktober 2002 in der Abbaye des Dombes statt. Ca. 30 Teilnehmer waren dort Gäste
der Gemeinschaft des Chemin Neuf (Neuer Weg). Erfreulicherweise kam ein Drittel
von uns auf Einladung und waren zum ersten Mal bei einer Church and Peace
Tagung dabei.
Das
Tagungsthema „Globalisierte Gewalt und Globalisierung des Friedens“ war höchst
aktuell in der heutigen Welt, wo der Terrorismus uns infolge der Ereignisse des
11. Septembers 2001 dazu auffordert, uns zu den Mechanismen der Globalisierung
Gedanken zu machen und mögliche Wege des Friedens für unsere Kirchen und für
uns Christen zu suchen.
Christian
Mellon, Jesuit, Geschäftsführer des französischen Zweigs von ‚justicia et pax‘
und Frédéric Rognon, Pastor der Reformierten Kirche Frankreichs, Lehrer an der
Evangelischen Theologischen Fakultät von Straßburg und Freund der Arche von
Lanza del Vasto, haben uns bei unserer gedanklichen Suche geleitet und uns
geholfen, besser die Auswirkungen der Globalisierung auf unser konkretes Leben
zu verstehen und zu analysieren.*
Frédéric Rognon
hat uns einige persönliche Eindrücke mitgeteilt, die eine hervorragende
Zusammenfassung unserer Tagung darstellen:
Zunächst war es
eine Gnade, hier in der Abbaye des Dombes bei der Communauté du Chemin Neuf zu
Gast zu sein. Durch die gehörte Selbstdarstellung der Gemeinschaft wurde uns
klar, dass der Frieden auch über die Annäherung der Kirchen untereinander
gebaut wird. Die Tatsache, dass wir uns an einem Ort, in einem Raum begegneten,
in dem sich die Dombes-Gruppe vierzig Jahre lang um die Einheit der Christen
bemüht hat, war wohl ein Zeichen. Wir hörten auch, dass die Gemeinschaft
des Chemin Neuf sich Schritt für Schritt
zu einer vielleicht zukünftigen Friedensgemeinschaft entwickelt. Das ist Grund
zur Dankbarkeit.
Der Vortrag von
Christian Mellon zur globalisierten Gewalt und zum Terrorismus half uns, besser
zu begreifen, was infolge der Globalisierung auf dem Spiel steht. Vier Formeln
bleiben mir im Gedächtnis: die Globalisierung kann beherrscht werden; man muss
zwischen Wirtschaft und Krieg unterscheiden; es ist absolut notwendig, den
Machthabern in ihrer Sprache zu begegnen und ihre Logik zu berücksichtigen;
schließlich ist es nicht ratsam, ihre Fähigkeit zur Veränderung des Kurses zu
unterschätzen. Dieser Vortrag mochte vielleicht zu optimistisch klingen; oder
handelte es sich einfach nur um Hoffnung?
Bei unserer
Bibelarbeit zur Globalisierung des Friedens ging es uns darum, ‚pax‘ und
‚shalom‘ zu unterscheiden, Arbeiter am Shalom zu werden; es hat uns nicht
gereicht, vom negativen Pol der Äquivalenzregel auszugehen, um uns in Richtung
zum positiven Pol zu engagieren; wir verspürten die Notwendigkeit, uns mit
unserem eigenen inneren Samariter zu versöhnen, und auch mit unseren äußeren
Samaritern; und schließlich haben wir uns ausgetauscht zu den Möglichkeiten,
einen Humus zu schaffen, auf dem das ‚Shalom‘ fruchtbar und ansteckend werden
könnte.
So haben wir
gelernt, dass wir eine ‚Friedensmaffia‘! darstellen, ein Untergrundnetz, dessen
Arbeit Früchte trägt. Diese Arbeit ist nicht unbedingt medienwirksam, aber sie
besteht darin, zu verbinden. Den Ausdruck der Friedensmaffia‘ werden wir
bestimmt nicht vergessen. Auch da, mitten in den gigantischen Herausforderungen,
die uns bedrohen, ist Hoffnung das Zauberwort. Zeugnisse der Hoffnung haben uns
ermutigt: das, was in Ruanda, im Kongo, in Zaire gelebt wird, das was Attac
macht, das sind kleine Lichter in der Nacht.
Wir nehmen
einige Schlüssel mit, mit denen wir die Lage unseres Planeten analysieren
können, auch einige Leseschlüssel für die Bibeltexte, die uns nähren, aber vor
allem eine erneuerte Hoffnung. Eine Hoffnung,, die eine ‚Friedensmaffia‘ , eine
‚prophetische Maffia‘, eine ‚Maffia der Hoffnung‘ bewegt und belebt.
Übersetzung:
Silvia von Verschuer
*Die Referate sind bei der frankophonen
Geschäftsstelle von Church and Peace erhältlich: 5, rue du Mont Verdun; F-69140 Rillieux la
Pape; Tel & Fax: +33 4 78 88 87 25; EglisePaix@church-and-peace.org.
NACHRICHTEN AUS DEM NETZ
• Bocs-Stiftung bittet um Unterstützung für Projekt in
Indien
Seit 1977
unterstützt die BOCS Foundation das Education Sponsorship Program (ESP)
Schulnetzwerk in Gujarat, Indien, das 94 Schulen und 30.000 Kinder umfasst. Durch
die Förderung der Bildung von Frauen und Mädchen aus armen Familien versucht
Bocs das Problem der Bevölkerungsexplosion anzugehen, ein Faktor, der weltweit
zu Gewalt und Umweltschäden beiträgt. Die Bocs Foundation sucht nach einer
nichtstaatlichen Partnerorganisation in Westeuropa, um das ESP gemeinsam zu
finanzieren. Die Bocs Foundation ist Mitglied von Church and Peace und bildet
den ungarischen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes. (IFOR in
Action/Winter 2003)
• London Mennonite Centre feiert 50 Jahre
Gastfreundschaft und Dienst
Das Church and
Peace Mitglied London Mennonite Centre (LMC) freut sich anlässlich der
Feierlichkeiten zu 50 Jahren Dienst und Gastfreundschaft am 7. und 8. Juni auf Gäste aus aller Welt. Das LMC wurde 1953
als eine Art Wohnheim für ausländische StudentInnen gegründet und entwickelte
sich zu einem Ort der Einkehr und theologischen Auseinandersetzung und zu einem Zentrum für das Täufertum in
Großbritannien. Das LMC hat heute neun feste Mitarbeiter, die in vielen Bereichen
Dienst tun, von Religionsuntericht in Nachfolge und täuferischen Traditionen
bis hin zu Mediation und Versöhnung. Kontaktperson: Jill Gerig,
jgerig@menno.org.uk oder über den website des Zentrums unter www.menno.org.uk
(Mennonite Mission Network)
• Gewaltfreiheit als Unterrichtsfach
Die
französische Koordination für die Internationale Dekade 2001-2010 zur Förderung
einer Kultur der Gewaltfreiheit und des Friedens zugunsten der Kinder dieser
Welt schlägt in einer Petitionsschrift an das Ministerium für Jugend, Bildung
und Forschung (zu finden unter www.decennie.org) vor, Gewaltfreiheit und
Friedenserziehung als offizielle Unterrichtsfächer in den Lehrplan aufzunehmen.
• „Für eine Erziehung zur Gewaltfreiheit“
Die Bibliothek
des Centre Mennonite de Bruxelles (CMB) stellt ein sehr ansprechend
geschriebenes Buch der Autorin Jeanne Gerber vor, das sich bei der Erziehung
von Kindern zum Frieden und zur Konfliktlösung gut einsetzen lässt. Das Buch
gibt pädagogische Tipps zur Konfliktumwandlung und ist ein unerlässliches
Hilfsmittel für Eltern und LehrerInnen, aber auch interessant für
ErzieherInnen, SozialarbeiterInnen und Psychologen. „Pour une éducation
à la non-violence : Activités pour éduquer les 8/12 ans à la paix
et à la transformation des conflits“, Editions Chronique Sociale.
Erhältlich in Buchgeschäften oder direkt beim CMB, 112 rue Franklin, B-1000
Bruxelles
INFOMATERIAL
• „Lanzo del Vasto, der Pilger“
Ein Film in
französischer Sprache mit einer Laufzeit von 65 Minuten über Lanza del Vasto,
Pilger für Wahrheit und Frieden und Begründer der gewaltfreien Gemeinschaften,
die sich für Probleme der Gesellschaft einsetzen. Im Film geht es um Themen wie
das Engagement gegen die zivile und militärische Atomenergie und die Arche
Kommunität gestern und heute. Louis Campana (Autor und Regisseur) und Francois
Verlet (Tontechnik, Schnitt und Beratung) sind auch die Koautoren des Films
„Die Tauben des Schattens“, ein Plädoyer für Frieden und Gewaltfreiheit in
Israel-Palästina. Preis: jeweils € 25,
zuzügl. Porto und Verpackung. Informationen: Association Shanti, 37, rue
de la Concorde, F-11000 Carcassonne.
• Initiative „Lade deine Nachbarn ein“
„Gastfreundschaft
aus der Perspektive von Migranten und Migrantinnen“ finden sich im Materialheft
3 der Initiative „Lade deine Nachbarn ein“. Die Arbeitshilfe enthält
Erfahrungsberichte und persönliche Erzählungen, didaktische Bausteine,
Liedvorschläge, Gebete und liturgische Anregungen. € 2,50 zzgl. Versand. Bezug:
Ökumenische Centrale, Tel. +49 (0)69-2470270, ackoec@t-online.de,
www.oekumene-ack.de/lade/
• Friedenskirche in der Ökumene
Fernando Enns.
„Friedenskirche in der Ökumene - Mennonitische Wurzeln einer Ethik der
Gewaltfreiheit“ in der Reihe „Kirchen, Konfessionen, Religionen“, Bd. 46,
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2003.
• Frieden stiften - jeden Tag
Eine
Zusammenstellung von Gedanken-anstößen, Gedichten, Erfahrungen, Meditationen,
Gebeten und Texten aus der Bibel und anderen heiligen Schriften und von
bekannten und unbekannten Persönlichkeiten. Mit einem Vorwort von Dorothee
Sölle. Angestoßen wurde das Projekt vom Buch "Peacemaking Day by Day"
von Pax Christi USA. Herausgeber sind u.a. die Diakonische Gemeinschaft Brot
und Rosen und Church and Peace. Bezug: Internationale Geschäftsstelle von Church
and Peace (Adresse Seite 2)