Es lebe die Kulturpfuschi!
Die Mail Art Bewegung in Ungarn
Es vergingen, seitdem ich aus
Ungarn emigriert war, gut fünfzehn Jahre, in denen ich schon längst
ein fleißiges Mietglied des den ganzen Globus durchflechtenden Netzwerks
der internationalen Mail Art wurde, als ich 1986 zum ersten Male eine Mail Art
Publikation in die Hände bekam, die durch und durch von ungarischer Herkunft
zeugte. Es war ein Heftchen, mit Photokopie verfertigt, das den Titel Béla
Lugosi's Magazine trug.
Auf meine große Überraschung
hin war jedoch der Verleger dieser Broschüre kein Ungar mit dem Namen Lugosi
(ein an sich sehr verbreiteter Familienname in dem Karpatenbecken), sondern
er hieß Lamberto-Lambi Caravita. Er war ein italienischer Junge aus der
Lombarde, der ganz einfach unter den alten Hollywoodstars nach einer entsprechenden
Symbolfigur für die Titelseite seines Magazins suchte, und so fand er Béla
Lugosi, der wegen seiner Vampirrollen ehemals berühmt geworden war. Er
hatte wahrscheinlich keine Ahnung davon, daß Lugosi aus Ungarn kam, viel
mehr durfte seine Phantasie durch die interessanten Analogien angeregt sein,
die mit dem Wesen der Vampire zu tun hatten z. B. von der Frage, in wie
fern wäre es gerecht, die Mail Art Publikationen, die die schriftliche
und bildnerische Produktion der Briefpartner wahllos zu sich saugen, mit dem
Schmarotzertum der Vampire in Verbindung zu setzen. Man möge sich entsinnen,
daß in dieser Zeit, also um 1986, in den Ländern, wo sie schon eine
längere Geschichte hinter sich hatte, die Mail Art schon in ihre späte,
spielerisch entspannte Phase kam, in der sie gerade im Begriff war, sich in
den Allgemeinplätzen und witzig unterhaltsamen Wendungen der Massenkultur
aufzulösen und auch in die Koketterie mit allerlei Vampirtum einzulassen.
In dieser Situation und gerade
mit einem Magazin in der Hand, das mit dem Namen von Béla Lugosi beschriftet
war, schien es mir nicht einfach zu sein, mir die wahre Frühgeschichte
der ungarischen Mail Art ins Gedächtnis zu rufen, zumal es in jener archaischen
Zeit schier unmöglich war, an Witz oder Koketterie zu denken. In den damaligen
Jahren schrieben wir nicht die Kommunikation mit großen Buchstaben,
sondern das Wort Information. Und unsere Ideen hatten nicht viel mit
der weltumfassenden Gleichmacherei oder mit einer ähnlich hochgespielten
Tauscherei zu tun, sondern sie glichen mehr einer geheimen, avantgardistisch
anmutenden Utopie, die uns eine besondere Qualität versprach und von der
nur wenige genau wußten, worum es sich bei ihr handelte. Nur der Internationalismus
spielte schon damals in unserer Gesinnung eine wichtige Rolle und noch eine
Komponente war bezeichnend, die auch ein Wesensmerkmal der späteren Mail
Art war nämlich, daß unsere ganze Aktivität (schon von
den politischen Gegebenheiten gezwungen) von den offiziellen Institutionen fern
blieb, d. h. mehr oder weniger in der Illegalität statt fand, kurz gefaßt:
sie gehörte zum Underground.
Jetzt, da ich versuche, die
Vorgeschichte und die Blütezeit der ungarischen Mail Art zu rekonstruieren,
scheint es mir geboten zu sein, daß ich den sich anbietenden Stoff nach
diesen gerade geschilderten nicht unerheblichen Unterschieden gliedere und in
drei voneinander klar getrennten Epochen umfasse.
1.
Die erste Periode, die man noch
als eine Vorbereitungsphase nennen kann, war stark von Concept Art und
FLUXUS geprägt. Ich würde ihre Anfänge auf die späten sechziger
Jahre ansetzen, in jener Zeit also, in der die immateriellen Formen der Neo-Avantgarde
auch nach Ungarn kamen. Es waren die Aktion-Kunst, die Happening und die Performance,
ferner die extrem puritanen Varianten der Minimal Art und die alles mitreißende
Welle jener konzeptuellen Kunst, die sich nur auf einige wortkarge Anweisungen
des Künstlers oder auf die Vorstellungskraft des Publikums verließ.
Wie schon so oft in der Geschichte
der Avantgarde schien es wieder einmal, daß die Malerei zum Ende kommt
und ähnlich erging es dann auch den klassischen Gattungen ganz allgemein.
Diesen Erwartungen nach sollte die Menschheit bald auf die Sprache jener Informationen
überwechseln, die dank ihrer Abstraktion und auf das Wesentlichste reduzierten
Sparsamkeit alle bisher gekannten Techniken des künstlerischen Handwerks
hinter sich lassen und in ihrer Vollkommenheit auch auf die Form und Farbe verzichten
können die Kunst wird nahezu unsichtbar. In Ungarn konnte man das
Voranschreiten einer so verstandenen konzeptuellen Kunst in einigen halb-offiziellen
Ausstellungen spüren, die nach dem Auftreten der sog. IPARTERV-Gruppe (eine
neo-avantgardistische Gruppierung) in den Jahren von 1968-69 organisiert wurden.
Kurz darauf, etwa um 1970, hatte es sich schon so weit entwickelt, daß
fast alle Künstler, die sich in Ungarn zur Avantgarde zählten, in
irgendeiner Form und mit einer leidenschaftlichen Hingabe auch konzeptuelle
Werke schufen.
Dies brachte mit sich, daß
die Künstler bald entdeckten, daß man die nahezu körperlosen
konzeptuellen Werke durch die Post auch zu weit entfernten Zielen leicht
transportieren kann, daß es sich lohnte, zu Hause gemachte kleine Publikationen
zu verfertigen, um diesen Verkehr noch effektiver zu gestalten, und daß
die wichtigsten Grundlagen des erfolgreichen Informationsaustausches jene Adressenlisten
waren, die möglichst alle potentiellen in- und ausländischen Partner
beinhalteten. Mittlerweile fand man auch ganz spontan heraus, daß sich
neue, efemere Techniken anboten, wie z. B. der Gummistempel, das Xerox oder
die betont amateurhaft gestalteten, nur als Hinweis konzipierten kleinen Zeichnungen
und Photos, die für diese Art von Kunst am besten geeignet waren.
Einen neuen Impuls bekamen diese
Bestrebungen von dem kölner DuMont Verlag, der mit der Hilfe von Klaus
Groh (aus Oldenburg) als Herausgeber 1972 jene osteuropäische Antologie
publizierte, die aus konzeptuellen Werken und verspielten Improvisationen bestand,
die der tschechische Konzept Künstler, Petr Stembera, kurz davor gesammelt
hatte und aus denen man später herausfand, daß man sie teilweise
schon als die direkten Vorläufer der osteuropäischen Mail Art betrachten
konnte. Groh erkannte auch die weiteren (schon fast kommerziellen) Möglichkeiten,
die in diesem Stoff verborgen waren. Er organisierte ein »Zentrum«
mit dem Namen International Artist's Cooperation, das im Grunde genommen
ein Forum für den Informationsaustausch war und eigentlich nur aus jenem
kleinen Info-Magazin bestand, mit dem Groh seine Künstler-Kundenschaft,
die sowohl im Osten als im Westen lebte, mit alternativen Adressenlisten und
Veranstaltungskalendern belieferte.
Dieses Info brachte es
zwischen 1971 und 1977 auf etwa 30 Nummern und es half auch den ungarischen
Künstlern, die erweiterten Möglichkeiten des internationalen Austauschverkehrs
wahrzunehmen. Aber schon im Mai 1972, also Grohs Initiativen zuvorkommend (und
auch etwas früher als die Image Bank in Kanada ihre Adressenliste
herausgab) stellten zwei polnische Künstler aus Poznan jene NET-Papiere
zusammen, die natürlich auch mit einer Adressenliste ergänzt
ein Austauschforum für Kunstwerke konstituierten und deren Spielregeln,
die schriftlich in Punkte gefaßt waren, im Grunde genommen schon alle
die wichtigen Regeln der späteren Mail Art beinhalteten. Von ungarischer
Seite war es László Beke, der den NET mit Adressen belieferte.
Mit Hilfe seiner Mitwirkung kamen auch weitere Ungaren wie Gábor Attalai,
László Lakner, János Urbán und auch ich selbst in
die Mitgliedschaft des 26 köpfigen »Gründungskommittes«
der NET-Organisation.
Der NET war schon ein echter,
aus dem internationalen Feld der zeitgenössischen Kunstszene angeworbener
Network, der die Post benutzte, um seine Austauschobjekte und Informationen
weiterzuleiten, trotzdem sprach man noch lange nicht in Verbindung mit ihm von
Mail Art, viel mehr war damals die Bezeichnung Correspondence Art verbreitet.
Auch den ungarischen Künstlern war es kennzeichnend, daß sie
selbst dann, als sie schon an dem Kontaktnetz des NET teilnahmen ihre
Wertvostellungen noch immer nach dem Muster des FLUXUS und der Minimal Art gestalteten
und sie bemühten sich, die angestrebten künstlerischen Qualitäten
mit der Arbeit im Underground in einer Weise zusammenzubringen, wie das angesichts
der internationalen Szene nach der Laufbahn eines George Brechts oder Ben Vautiers
zu ersinnen war. Das heißt, sie standen mit einem Fuß noch immer
auf dem Boden des offiziellen Galerielebens, während sie sich mit ihren
wichtigsten Werken und Ambitionen schon zunehmend in die Privatsphäre zurückzogen,
bzw. unterstützt von der moralischen Hilfe des internationalen Networks
an der Verbreitung eines Metakommunikationssystems arbeiteten. Deswegen würde
ich diese erste Epoche, die ungefähr bis zu der Mitte der siebziger Jahre
andauerte, als die Post-fluxus Periode der ungarischen Mail Art bezeichnen.
Es ist nicht schwer, einige
Beispiele hier zu erwähnen, wie sich die strenge Abstraktion der konzeptuellen
Kunst mit den unmittelbaren Gesten jener Kommunikation, die in den Kreisen der
damaligen künstlerischen Subkulturen im Gange war, verflochtete und welche
neuartige Spontanität und lockere Manier dies alles hervorbrachte:
In der ungarischen Szene war
Gyula Pauers Pseudo-Programm, das er während des Jahres 1970 entwickelte,
das erste Zeichen dafür, daß es mit der eheren Stimme der hart und
äußerst konstruktiv formulierten Utopien, an die man sich in der
Avantgarde gewöhnt hatte, zu Ende war. Pauer erarbeitete eine radikale
Ideologie, die die zeitgenössischen Erscheinungen kritisierte, und er schuf
mit den Mitteln der bildenden Kunst eine Technik, die geeignet war zu zeigen,
daß alles falsch, hinterhältig und manipuliert, eben pseudo war.
Er verteilte kleine plastische Gegenstände oder Gaphiken in Postkartenformat
unter seinen Freunden, deren Oberflächen so bearbeitet waren, daß
sie eine andere Form vorgaben als sie es in der Wirklichkeit besaßen.
Das Pseudo von Pauer hatte jedoch auch die übrigen Phänomenen außerhalb
der Kunstwelt in seinem Visier und versuchte ersichtlich zu machen, daß
die hinterhältige Illusionen und die für die Manipulation geeigneten
falschen Informationen in allen wichtigen Erscheinungen vorhanden sind.
Ein anderes Beispiel aus dem
Jahr 1970 bietet sich aus meinem eigenen Oeuvre an. Ich war damals (noch in
Budapest lebend) hart dabei, ein mit Hand gedrucktes Periodikum herzustellen,
das ich in 50 oder 100 Kopien verfertigte und als »sehr wichtige Mitteilungen«
verteilte (heute sind sie bekannt als Five Books). In diesen Broschüren
hätte ich wie ich mir damals vorstellt hatte neuartige konzeptuelle
Werke in Verkehr bringen können. Das Ergebnis schien jedoch mehr eine lose
Reihe von kleinen Collagen und graphischen Applikationen zu sein, die offenbar
zu einer damals noch nicht definierbaren Gattung gehörten und zwischen
den Grenzen des FLUXUS und der Polit Art angesiedelt wurden. Sie agierten mit
der Hilfe von den Symbolen und Gemeinplätzen von Politik und Sex. Das letzte,
fünfte Heft dieser Serie handelte gerade von der möglichen Manipulation
der Postsendungen es ging dabei im Endeffekt um die künstlerische
Enteignung der Post. Zurückblickend würde ich sagen, daß sogar
etwas in der Luft von Ungarn schwebte, was mit dem »Stilisieren« des
Postwesens zu tun hatte.
In dem nächsten Jahr, 1971,
setzte sich dann die Umformierung der ungarischen Modernen in die Richtung einer
Meta-Kommunikation heute würden wir sagen: im Geiste des Postmodernen
mit Volldampf in Gang. Árpád Ajtony und Béla Happ
riefen nämlich die Zeitschrift Expresszió ins Leben, die
nur eine einzige Ausgabe hatte, zumindest am Anfang. Die Leser waren jedoch
verpflichtet, auch als Herausgeber zu fungieren und die Kopien dieser Zeitschrift,
die sie in die Hände bekamen, teils mit neuen Publikationen zu ersetzen.
Unterwegs hatte sich dieses Magazin also stets verändert und jede Kopie
wurde so eine selbständige Ausgabe (deshalb bekam sie auch den Namen »Szétfolyóirat«,
Zer-schrift). Es war eine Mischung der Samizdat vom sowjetischen Typ und der
Kontaktkette der späteren Mail Art. Jetzt, als ich zu diesem Überblick
Dokumente sammelte, blätterte ich auch ein spätes Exemplar dieser
Periodika durch und stieß neben den Publikationen der damaligen ungarischen
avantgardistischen Künstler wie Erdély, Hajas und St. Jóby,
oder dem bekannten Polit-Schrifsteller Miklós Haraszty auch auf einen
Beitrag von dem Begründer der Informationsästhetik, Max Bense, und
fand aus dem OU Magazin von Henri Chopin entliehene, mit visueller Poesie gefüllte
Seiten. Als Überschrift eines anonymen Beitrags las ich: »Es
lebe die Kulturpfuschi!« Dies könnte man auch schon als freudenvolle
Vorankündigung typischer Mail Art Träumereien ansehen, als Versprechung
einer, wie das Auge sieht, so weit von Qualitätszwängen freien und
»demokratisierten« Welt deuten.
Dieser Art von in den Underground
untergetauchten ungarischen konzeptuellen Kunst konnte man dann in den frühen
siebziger Jahren wiederholt auch auf den internationalen Forums begegnen und
zwar auf jenen, die sich später als wichtige Meilensteine des in die Richtung
der internationalen Mail Art Kontakten führenden Wegs erwiesen. Ein solches
Forum war der Beau Gast Press in England, der in seinen bedeutenden Schmuck-Publikationen
auch einem Hungarian-Schmuck Platz gab (1973), oder die CAYC Organisation
von Jorge Glusberg (einem sich für die alternativen Quellen interessierenden
Kulturmanager mit großen internationalen Verbindungen), die 1974 unter
der Mitwirkung von 24 ungarischen Künstlern die Hungría 74
Show in Buenos Aires veranstaltete. Mit der Vermittlung von Maurer Dóra
und beinahe in der gleichen Zeit publizierte die Zeitschrift Souerce
aus Kalifornien in ihrer 11. Ausgabe, die von dem bekannten FLUXUS Künstler,
Ken Friedman zusammengestellt wurde, einen bemerkenswerten Beitrag von konzeptuellen
Arbeiten ungarischer Künstler. Aber auch die gleichgesinnten Künstler
der benachbarten »Volksdemokratien« besuchten manchmal Ungarn. Als
Treffpunkt diente György Galántais »Kapellen-Ausstellungen«
in Balatonboglár, wo 1972 eigentlich völlig illegal
zwei avantgardistische Festivals statt fanden, eins mit der Beteiligung von
Künstlern aus der Tschechoslowakei (Kocman, Valoch, Rudolf Sikora, Stembera,
usw.) und ein anderes für den jugoslawischen künstlerischen Underground
gewidmet (hier wirkten die Gruppe Bosch & Bosch, sowie Kerekes, Matkovic, Sidjamin
und Szombathy mit).
Im Juni 1972 d. h. kurz
nach der Geburt des NET und etwa parallel zu den »image request letters«
der Image Bank in Vancouver machte László Beke die Gründung
einer sog. World-Famous World-Archive bekannt und rief die internationale
Künstlergesellschaft auf, Ideen, Konzepte oder Projekte zu seiner Adresse
zu schicken. In dem selben Jahr besuchten sechs ungarische Künstler, Erdély,
Jovanovics, Lakner, St. Jóby und Endre Tót die Galerie Foksal
in Warsau. In Foksal war es gerade im Gange, die Kunstwerke aus den Räumlichkeiten
der Galerie völlig zu eliminieren und sie mit Informationen von nichtmaterieller
Natur zu ersetzen (dieses Programm wurde damals von Andrzej Turowski, dem Leiter
des Foksals angetrieben und The Living Archive genannt). Diesem Programm
entsprechend stellte Endre Tót Texte in Foksal aus, die man denkbar schwer
lesen konnte, weil auf ihnen die Buchstaben duruch lauter Zeros ersetzt worden
waren.
Tót schuf jedoch auch
Postkarten und Briefe mit Zeros vollgeschrieben, ja was noch mehr ist auch Telegramme
und Geldanweisungen und ließ eine Briefmarkenserie drucken mit großen
Zeros in der Mitte der Marken und mit der Bezeichnung darunter: Zero Post.
Er war der erste ungarische Künstler, der schon um 1971 die Vorbereitungsphase
der neuen, teilweise auch schon den Postverkehr miteinbeziehenden Kunstgattungen
hinter sich ließ und mit echten Mail Art Arbeiten auftrat.
2.
Die Jahre nach 1975 könnte
man so bezeichnen, daß dieser ungefähr auf einem Jahrzehnt ausgedehnte
Zeitraum die Blüteperiode der Mail Art in Ungarn war.
Hatte sie auch ein angemessenes
Eröffnungsfest? Vielleicht ja, und zwar mit dem Besuch des bedeutenden
amerikanischen Mail Art Künstlers, David Zacks, der während seiner
Europareise 1976 nach Budapest kam und eine Ausstellung unter dem Titel Communication
Art Show aus seinem mitgebrachten Mail Art Archivmaterial im Klub der Jungen
Künstler veranstaltete. (Diese Show sah dann auch István Kántor,
der damals noch ein von Pop Musik besessener Mediziner war, der sich jedoch
von dieser Ausstellung so beeindruckt fühlte, daß er kurz darauf
nach Amerika auswanderte, wo er unter dem Pseudonym »Monty Cantsin«
bald die radikalste Variante aller Mail Art ähnlichen Bestrebungen, den
Neoismus begründete.)
Als einen weiteren anregenden
Moment könnte man bewerten, daß 1978 Anna Banana und Bill Gaglione
auf ihrer Umreise auch Budapest besuchten und eines Abends wiederum in dem Klub
der Jungen Künstler mit ihrem neo-dadaistisch gefärbten Performance-Programm
auftraten. Galántai, der später eine zentrale Rolle in der ungarischen
Mail Art einnahm, nutzte die Gelegenheit, um Anna Banana darum zu bitten, daß
sie anläßlich einer Ausstellungseröffnung nocheinmal in Budapest
mitwirkte.
Die Namen der beiden Künstler
aus Kalifornien waren derzeit schon auch in den Kreisen des ungarischen Undergrounds
einigermaßen bekannt, weil das VILE Magazin, das sie herausgaben, zu den
wichtigsten Publikationen der Mail Art auf dem amerikanischen Kontinent zählte.
Ihr mit Performancen und Video-Dokumentationen begleitetes Gastspiel in Budapest
gab jedoch mehr von der neo-dadaistischen Aktionskunst, wie sie auf der West
Coast in Mode war, eine Kostprobe und machte das Publikum mit solchen, auch
mit der Pop Art verwandten Festivals bekannt, wofür Anna Bananas Banana
Olimpics aus San Francisco die besten Beispiele waren. Wie die echte Mail
Art aussehen sollte, erfuhr Galántai eher dank den Sendungen von Klaus
Groh, der seit 1972 auch Galántai mit seinem Informationsmaterial regelmäßig
belieferte. Und natürlich kamen Arbeiten auch von den anderen Mail Art
Künstlern von West-Europa in diesen Jahren nach Budapest.
Galántai begegnete jedoch
erst 1976 einem Partner, der ihm mit seinen Sprachkenntnissen und Organisationstalent
dazu verhalf, daß seine Mail Art Korrespondence began, tatsächlich
auf einem gegenseitigen Verkehr zu beruhen und ein echter Informationsaustausch
zu werden diese Person war Julia Klaniczay, die Galántai auch
heiratete. Die große Wende in dem Leben des Galántai-Ehepaars trat
dann 1978 ein, als sie während einer westeuropäischen Reise auch nach
Amsterdam kamen, wo sie Ulises Carrións Mail Art- und Künstlerbuch-Sammlung
kennenlernten. Dies war jenes Archiv, wessen Stücke damals noch auf den
Regalen der berühmten Bücherstube Namens Other Books and so...
reihten in dem Erdgeschoß eines patinenüberzogenen Gebäudes
irgendwo an einem Gracht in der amsterdamschen Innenstadt. Für Galántai,
der immer eine Neigung, zum dokumentieren und zum sammeln hatte, war diese Begegnung
der entscheidende Anstoß, auch selbst ein Archiv aufzubauen. Im Frühling
1979 entstand dann das Artpool Archiv in der Wohnung des Galántai-Ehepaars,
das schon von dem ersten Moment an als eine Underground-Institution mit internationalem
Aktionsradius funktionierte, deren Aufgabe darin bestand, zum wichtigsten Dokumentumszentrum
der alternativen Bestrebungen in Osteuropa zu werden. Die Galántais sammelten
nicht nur Mail Art, sondern auch die verschiedensten kulturellen Äußerungen,
so auch Musikkasetten und Videoaufnahmen, ferner die Veröffentlichungen
der experimentellen Literatur und die Dokumente der punk gefärbten oder
politisch aktiven Subkulturen.
Zu den Ereignissen 1979 gehörte
noch, daß Ulises Carrión am Ende dieses Jahres nach Budapest kam
und unter dem Titel Names & Addresses Verbal, Visual and Aural Works
die Ungaren mit seinen eigenen Arbeiten in dem Klub der Jungen Künstler
bekannt machte. Gleichzeitig stellte er einen Teil der Sammlung des Stempelplaats
aus Amsterdam aus (dies war die Show Rubber Books & Post). Diesen Laden
konnte man als eine Geschwisterfirma von seiner Bücherstube betrachten.
1980 war G. A. Cavellini, der bekannte neo-dadaistische Künstler aus Italien
der Gast des Artpools. Sein Besuch gab Anlaß zu ähnlich bewegten
und farbenfrohen Ausstellungen, Aktionen oder Spektakeln, wie jene Cavellini-Festivals,
die in den Mail Art Kreisen der westeuropäischen Ländern in diesen
Jahren an die Reihe kamen.
All diese neu kennengelernten
Werke, Sammlungen und persönlichen Erregungschaften aus dem Westen trugen
1982 ihre Früchte. Das Artpool überraschte nämlich seine budapester
Freunde mit einer ganzen Reihe von Veranstaltungen in diesem Jahr. Unter dem
Titel Everybody with Anybody stellte es ein ungarisches Stempelfestival
auf die Beine, mit der World x Art x Post Ausstellung organisierte es
eine internationale Künstler-Briefmarkenshow in dem Künstlerklub »Fészek«
(die dann im Sommer 1987 in erweiterten Dimensionen auch in dem Museum der Schönen
Künste in Budapest gezeigt wurde). Ein weiterer Themenkreis durfte durch
die Gründung der Buda Ray University zugänglich gemacht werden.
Dies war ein Programm, das bei dem systematischen Sammeln und Aufarbeiten der
von Ray Johnson entsandten und mit der Hand der anderen Künstler weiterverarbeiteten
Mail Art Sendungen zur Hilfe kommen sollte das Programm ging über
die achtziger Jahren hindurch und sein wichtigster Moment war eine Ausstellungsserie
mit dem Titel In the Spirit of Marcel Duchamp. Aus der Reihe der Artpool-Veranstaltungen
sollte ich noch jenen Audio-Kommunikationsabend hervorheben, der mit dem Namen
Budapest-Wien-Berlin Telephon-Konzert 1983 realisiert wurde, und man
durfte in keinem Fall die Ankündigung und Realisation der 51. Nummer des
Commonpress vergessen (dessen Titel Hungary can be yours hieß)
diese Gattung der alternativen Periodika war doch die wichtigste Mail
Art Publikation überhaupt.
Das Artpool publizierte auch
zwei eigene Magazine in diesen Jahren. Das erste hieß Pool Letter (oder
Pool Window), es war ein einseitiges Mail Art Info-zin, das zwischen
1980 und 1982 glatt 30 Nummern herausbrachte. Man sollte dieses Magazin für
die einzig wahre Mail Art Zeitung in Ungarn halten, weil nur diese zum ersten
und zum letzten Male ein tatsächlich breites Mitarbeiter-Lager (für
eine kurze Zeit weit über 100 Personen!) für die Mail Art im Lande
schuf. Das nächste Blatt wurde 1983, im »Jahre der Kommunikation«
von Galántai gestartet und dieses hieß Art Letter (gekürzt
AL). Es handelte sich bei ihm um eine voluminöse, ungarisch geschriebene
Monatsschrift, die eine größere Mitarbeitergarde hatte und die mit
ihrem vielseitigen Inhalt eigentlich jene Lücke stopfen sollte, die durch
das Fehlen des unabhängigen Zeitschriftswesens im Bereich der Kunst in
Ungarn auch noch in den Achtziger schmerzlich spürbar war.
Ich würde die klassische
Epoche der Mail Art Aktivitäten des Artpools mit der schon erwähnten
1987 veranstalteten Museumsausstellung der Künstler-Briefmarkensammlung
und mit dem (auch mit einer mitgebrachten Ausstellung erweiterten) Besuch von
Guy Schraenen aus Antwerpen schließen. Schraenen war der Gründer
des berühmten Archiv Small Press and Communication in Antwerpen
und er traf in dem selben Jahr in Budapest ein. Und es liegt auf der Hand, gleich
vom Ende der klassischen Epoche der ganzen ungarischen Mail Art zu reden.
Man sollte sich jedoch darauf
besinnen, daß wir mit der Tätigkeit des Galántai-Ehepaars
die Geschehnisse der fraglichen »Mail Art Dekade« in Ungarn noch weitaus
nicht erschöpft haben. Vor allen Dingen sollte ich den Namen von Endre
Tót noch einmal erwähnen. Er hörte mit der Malerei schon 1970
auf, um sich danach wie ich bereits erwähnt hatte nur mit
solchen konzeptulellen Arbeiten, Stempelkunst-werken oder verschieden gestalteten
Postsendungen zu beschäftigen, die man alle unter den Hut »Mail Art«
bringen konnte.
Tót reiste 1976, John
Armsleders Einladung folgend, nach Genf und wurde dort Gast der Ecart-Galerie,
die gerade die Rolle eines interessanten Mail Art Zentrums spielte. Von hier
aus fuhr er dann weiter nach London, wo er mehrere Monate verweilte. Er traf
dort Genesis P.-Oridge und Cosi Fanni Tutti, d. h. er kam in Verbindung mit
der Coum Transmission Gruppe und er arbeitete mit ihnen an Mail Art Aktionen
und Performance-ähnlichen Projekten. Wenn man das hört, vermutet man
angehend, daß Tóts Reisen einen unmittelbaren und handfesten Kontakt
auch zwischen den übrigen Mail Art Künstlern in Ungarn und den westeuropäischen
Mail Art Zentren herstellten dies war jedoch nicht der Fall.
Endre Tót nämlich,
der mit seinem 1970 verfertigten und mit der Überschrift I'm glad if
I can Stamp versehenen Gummistempel aus dessen Mitte sein Gesicht
dem Betrachter entgegenlachte vielleicht als erster in der internationalen
Szene auf das wahre Wesen der Mail Art Stempel stieß, und der mit seinen
aus 1971 stammenden, mit Schreibmaschinen überarbeiteten Souvenir-Postkarten
(My Rain / Your Rain, etc.) oder mit seinen mit lauter Zeros gefüllten
Postsendungen auch die Aufmerksamkeit eines Pierre Restanys auf sich lenkte
(»Endre Tót ist der Yves Klein der Mail Art«), nun, dieser
Tót blieb doch ein einsamer Wolf. Schon am Anfang der Siebziger hatte
er die Gewohnheit, heimlich in den Zug zu steigen, und aus Budapest nach Belgrad
zu fahren, um seine Mail Art Sendungen von dort aus nach dem Westen zur Post
zu geben so konnte er die Postzensur des ungarischen Staatssicherheitsdienstes
umgehen. Zwar bewährte sich der Trick, die ungarischen Behörden zu
hintergehen, ausgezeichnet, andrerseits führte er doch zu dem Ergebnis,
daß Tót mit der Zeit immer weniger interessiert zu sein schien,
auch die Chancen der heimatlichen Szene wahrzunehmen. Er mochte auch nicht,
mit seinen Sachen zu Hause die Welt erlösen und in der Tat wurde
er auch kein Apostel irgendeiner neuen Kommunikationsform. Zu seiner Entschuldigung
sollte man doch vorbringen, daß in den siebziger Jahren kaum solche Mail
Art Aktionen in Ungarn statt fanden, zu denen er seine Arbeiten hätte schicken
können.
Auch später als er schon
mehr Bewegungsfreiheit hatte wie er es mir erzählte setzte
er seine Hoffnung immer noch »ein bißchen« auf das etablierte
Galerieleben, und erwartete, daß man ihn wegen seiner in der Tat einmaligen
Mail Art Einfälle gerade aus diesen Kreisen gebührend honorieren würde.
Dies war gewiß eine absurde Erwartung. Tót war unter den ersten,
die die Mail Art in Europa ins Leben riefen, trotzdem wurde es ihm nie ganz
klar, daß sich die Mail Art nie zu einer Galeriekunst entwickeln würde,
sondern wirklich ein Fall von bewußter Kulturpfuscherei war, d. h. Revolte
gegen alles, was das institutionisierte Kunstleben (auch im Westen und gerade
im Westen) anzubieten hätte. Tóts Fall ist ein bemerkenswertes Beispiel
dafür, wie künstlerische Talente, historische und geographische Umstände,
ferner die sozialen Erwartungen und die angewohnten Reflexe, die aus dem gesellschsaftlichen
Hintergrund eines Künstlers zu erklären wären, selbst in einer
sehr begabten Person doch nicht harmonisieren. Man fragt sich, ob es auch schon
bei den alten Meistern der Kunstgeschichte so war? Tót verließ
Ungarn mit einem DAAD Stipendium 1980, also in einer Zeit, in der auch schon
in Ungarn die Mail Art über eine größere Gefolgschaft verfügte.
Es schien, daß er sich danach von seinen Mail Art Experimenten für
immer trennte er stellte diese Werke später nur auf seinen Retrospektiv-Austellungen
aus.
Eine wesentlich tiefere und
viel mehr auf Gegenseitigkeit aufgebaute Beziehung hatte Robert Swierkiewicz
zu dem ungarischen Underground, dessen Name in den achtziger Jahren ganz mit
der von ihm geführten XERTOX Gruppe verschmolz. Wie es schon aus dem Wort
»Xertox« zu erraten ist, war das Verfertigen, der Tausch und das Sammeln,
bzw. das gelegentliche Ausstellen der zur Mail Art geeigneten elektrographischen
Werke, das wichtigste Beschäftigungsfeld dieser Künstlergruppe. Neben
Swierkiewicz nahmen noch Jenõ
Lévai und Imre Regõs
an der Organisationsarbeit teil. Ihre schönste Publikation war eine mehrteiliges
und der Gattung Photokopie gewidmetes Assembling, mit dem Titel Xertox-diagnosztika,
dessen Blätter sie mit jahrelanger Arbeit aus der internationalen Mail
Art Szene sammelten. Die erste 1982 zusammengestellte Antologie hatte
das Thema »Men's Experiments«, der zweite Band wurde erst 1988 fertig
und hieß »Meditational Exercises«.
Die XERTOX versuchte jedoch,
sich auch mit thematisch bestimmten Audiomaterialien auseinanderzusetzen, dies
war die »Music Sektion«, aus deren unüberhörbaren Veranstaltungen
die I Expect Your Smile Aktion (1983) erinnerungswert blieb. Swierkiewicz
organisierte außerdem auch eine Reihe von Mail Art Ausstellungen nach
klassischem Muster, so z. B. 1981 eine Aktion mit dem Titel Substituable
Self Portraits oder fünf Jahre später eine andere mit der Überschrift
Relevation. Beide folgten der von Ray Johnson entwickelten Technik der
Correspondence Art, also die »ad to and return« Methode. Man könnte
hier jedoch gar nicht alle Mail Art Aktionen von Swierkiewicz aufzählen.
Nur so viel noch über ihn: seine ganze Tätigkeit wurde von jenem romantisch
üppigen und expressiv farbenfrohen Stil geprägt, der auch seine Graphikwerke
so interessant machte und aus dem die hitzige und gespannte Atmosphäre
des Underground flutete.
Ganz anders sah die Mail Art
von Árpád Fenyvesi Tóth aus. Er fiel mit einer Klub-Ausstellung
auf, die er unter dem Titel New Signalistic Strip 1978 auf die Beine
stellte. Er begleitete diese Show auch mit Manifest-ähnlichen schriftlichen
Äußerungen und setzte während der Ausstellung und auch danach
noch viele Jahre lang Comix-ähnliche kleine Graphikwerke in Umlauf, aus
denen er, entsprechend seinen Vorstellungen, die Story ganz verließ. Was
übrig blieb, waren die gezeichneten Kästchen, gefüllt mit den
effektvollen Zeichen und gegenständlichen Hinweisen einer schon nicht mehr
vorhandenen Aktion so war der »Signalismus« verstanden. Aus
diesen »abstrakten« Bildgeschichten gestaltete er dann alles Mögliches,
Postkarten und kleine Posters, doo-it-your-self Briefumschläge oder verspielt
witzigen Kleingraphiken und Leporellos. Diese Arbeiten waren denkbar geeignet
dazu, den In- und Auslandsverkehr der Post mit denen zu füttern.
Hier würde ich auch den
dritten Tóth des ungarischen Mail Art Lagers erwähnen, jenen Gábor
Tóth, dessen Aktivität mehr auf dem Gebiet der visuellen Poesie
angesiedelt war. Auch er war ein perfekt ausgebildeter Graphiker und etwa ab
1974 beschäftigte er sich mit jenen kleinen Schrifttafeln oder postkartenähnlichen
Drucksachen, die aus Buchstaben-Elementen und Textfragmenten komponiert waren,
und insgesamt den Namen Visual Topology trugen und die er mit Hilfe der
Post weltweit vertrieb. Seine Lieblingstechnik war, um diese wortkargen Kompositionen
beeindruckend schön zu machen, der edele Siebdruck oft verwendete
er diese Technik auch dazu, beschriftete selbstklebende Etikette zu vervielfältigen.
Aus solchen Matrizen heftete er dann auch seine vielleicht schönste Arbeit
zusammen, ein Büchlein, das man auch eine Stickerantologie nennen könnte
und das den Titel (Self-) Adhesive Ideas trug (1983).
Was schrieb Gábor Tóth
auf diese Textkarten? Auch aus seinen am besten gelungenen Ideen ragte das Schildchen
mit dem Text Artists go home weit heraus. Ich begegnete später diesem
Werk in Amsterdam genauso, wie ich es in New York an der Wand hängend sah,
oder wie ich es auch bei meinem in Kalifornien lebenden Bekannten auf der Tür
montiert erblickte. Noch mehr, ein Exemplar dieser Karte kam sogar aus Japan
zu mir zurück, wo ein Buddhistischer Mönchsorden in Tokio diesen Text
anläßlich einer Künstler-Postkartenserie neu verlegte
natürlich mit der Beibehaltung der Autorenschaft von Tóth. Eine
andere, oft wiedergesehene Karte von ihm war eigentlich nur eine Variante jenes
Please do not disturbe Schilds, welches man auf die Türklinke der
Hotelzimmer zu hängen pflegt, jedoch mit roten Buchstaben auf do not
masturb korrigiert. Tóth publizierte die mit solchen Texten versehenen
ziemlich scharfen Dinge in einem gesonderten Postkartenzyklus, der »Genital
Art Publication« hieß. Man verstand seinen Radikalismus und seine
Neigung, sich in solch' provokativen Witzen auszulassen, besser, wenn man bedachte,
daß er vielleicht der einzige unter den ungarischen Mail Art Künstlern
war, der in den siebziger und achtziger Jahren mit dem nach Kanada ausgerissenen
neoistischen Papst und Meisterprovokator, István Kántor, ununterbrochen
Kontakt hielt.
Wenn wir schon bei der provokativen
Variante des ungarischen Undergrounds sind, wäre es unbedingt angebracht,
hier auch die Gruppe Inconnu zu erwähnen. Das französische
Wort »inconnu« bedeutet so viel wie »unbekannt« und die
Post ist jenes Organ, das dieses international verwendete Wort in vielen Ländern
auf ihre Aufkleber zu setzen pflegt, um die falsch adressierten Briefe mit solchen
Etiketten zu überkleben, bevor sie sie zu dem Absender zurückschickt.
In der Praxis der Kádár-Regime in Ungarn war es jedoch üblich,
daß nicht nur die falsch adressierten Briefe diese Etiketten bekamen,
sondern auch jene Sendungen, deren Absender im Auge der Behörden irgendwie
verdächtig erschien. Das Wörtchen »inconnu« wurde so ein
Mittel, mit dem man den Postverkehr des »Gegners« in Schranken halten
konnte. Nicht nur die Intellektuellen aus der Opposition, sondern auch die jungen
Hitzköpfe konnten ihm häufig begegnen, wenn sie ihren Briefkasten
öffneten und ihre zurückgeschickten Briefsendungen in die Hand nahmen.
Offenbar von solchen Erlebnissen angeregt wählte eine Künstlergruppe
aus der ungarischen Provinz dieses Wort für ihren Decknamen. Die Gruppe
Inconnu, deren Mitglieder Péter Bokros, Tamás Molnár und
Róbert Pálinkás waren, formierte sich am Ende der siebziger
in Szolnok, bald sahen wir sie jedoch schon in Budapest wieder, wo sie mit ihren
provokativen Drucksachen, kleinen Aufklebern und Graphikwerken, ferner mit ihren
verblüffenden Postern und mit großer Sorgfalt verlegten Underground-Magazinen
die alternative Szene ganz beherrschten.
Die Gruppe Inconnu benutzte
die schon vorhandenen Mail Art Kanäle, um ihre Produkte zu vertreiben.
Ihr Lieblingstrick war es, ihre Sendungen nicht auf die Adresse der jeweiligen
Zielperson zu verschicken, sondern sie gaben sie selbst zur Post. Unter dessen
schrieben sie die Adresse der Zielperson als Absender auf denselben Brief
und versahen die Sendung mit von der Post entwendeten »inconnu« Zettelchen
und mit dem offiziellen roten Stempel: »Zurück zum Absender«.
Meistens gelang es ihnen, mit diesem verkehrten Spiel die Postzensur auszutricksen
ihre Graphiken und in Text gefaßten Botschaften kamen sogar ins
Ausland ungestört an. Dieser intellektuelle Einfallsreichtum war bei der
Inconnu mit ernst zu nehmenden graphischen Fähigkeiten gepaart. Sie waren
fähig, auf glasklare Folien mit einem vollkommenen illusionistischen Effekt
solche Einschlagsspuren zu drucken, die sonst nur dann entstehen, wenn eine
Salve aus der Maschinenpistole die Windschutzscheibe eines Autos trifft. Sie
verteilten die so bedruckten Selbstklebe-Folien unter ihren Freunden
um von denen »Gebrauch zu machen«, wenn sie gerade zwischen parkenden
Autos herumliefen. Auf ihren Aufklebern fand man vergrößerte Fingerabdrücke
mit der Überschrift: »You are controled«. Oder ein anderes sehr
verbreitetes Motiv der Inconnu waren Postkarten mit dem bekannten Siegel und
Hammer Emblem, jedoch auch mit einem Text in Zirillika überdruckt:
Boykott!
Ihre Blütezeit war die
erste Hälfte der achtziger Jahre, in der sie auch sehr sehenswerte Performance-Abende
mit einem sexualmasochistischen Body Art Beigeschmack veranstalteten und in
ihren illegalen Periodika nicht nur die »Partitur« dieser Aktionen
festhielten, sondern diese Magazine auch dazu benutzten, ihre Auseinandersetzungen
mit dem Behörder mit einer peinlich präzisen Dokumentation vor der
ganzen Öffentlichkeit der Alternativen zu Protokoll zu geben. Sie pflegten
es, ihre kleineren-größeren Werke »zugunsten der Armen«
in solchen Auktionen zu versteigen, die alle in der sog. Arteria-Galerie
veranstaltet wurden. Diese Galerie hatte jedoch meistens nur einen Tag offen
und sie befand sich bei jeder Gelegenheit in einem anderen Ort, mal in einer
Privatwohnung, mal im Studentenheim oder in einem Kulturhaus.
Mit der Zeit »ästhetizisierte«
sich natürlich auch die Aktivität der Gruppe Inconnu und ihr provokatives
Rollenspiel aus den Motiven des Widerstandes gestaltet, bzw. jene herbe Kerkerromantik,
die aus der schriftlichen Äußerung der Inconnu strömte, wurde
eine beinahe normale Aktionskunst, die sogar in Augen der Behörden eher
den Eindruck einer pubertären Abenteuerlust erweckte oder war diese
relativ milde Reaktion nur eine geschickte Taktik? In jedem Fall konnten die
Mitglieder der Inconnu bei einigen polizeilichen Verfahren nicht davonkommen
und es kam auch zu Gerichtsurteilen, die Geldstrafen auf sie verhängten.
Das Risiko, das sie auf sich nahmen, war ohne zweifel wesentlich größer,
als das Wagnis der in den Westen lebenden Polit Art Künstler, die sich
früher oder später durch ihre Aktionen nicht nur einen Namen machten,
sondern sich auch im materiellen Sinn bereicherten.
In den siebziger und achtziger
Jahren, während der Zeit des internationalen Mail Art Booms, schlossen
sich mehrere ungarischen Künstler aus dem Lager der Spitzengraphiker für
eine längere oder kürzere Mitwirkung dieser Mode an. Die erste Welle
fiel noch auf die Anfangsjahre der Siebziger, in denen das »Konzeptfieber«
auch die Mitglieder der »Werkstatt von Pécs« eine bedeutende
avantgardistische Künstlergruppe aus der Provinz erreichte wonach
diese Künstler ihre Ideen teils mit Hilfe der Post vertrieben. Viele solche
Postkarten bewahre ich von Károly Halász auf. Noch näher
standen der Mail Art Sándor Pinczehelyis Graphikwerke, die mit dem Stern-Motiv
oder mit anderen ironisch gemeinten »nationalen« oder »internationalen«
Zeichen und emblemenhaften politischen Symbolen gestückt waren. Pinczehelyi
ließ ganze Postkartenserien von ihnen drucken, er gab aber auch per Hand
gemachte Varianten von ihnen zur Post.
Ein Jahrzehnt danach tauchte
András Lengyel mit seinen Künstler-Briefmarken und Gummistempeln
unter den Mail Art Künstlern auf. Lengyel schuf sich eine ganze Welt, die
aus lauter poetisch-utopistischen Wolken bestand, und er sammelte deren künstlerische
Zeugnisse in einer von ihm selbst ausgedachten imaginären Institution,
die er Wolken-Museum nannte (Cloud Museum, 1982). Auch auf seinen Briefmarken
und Stempeln erschienen diese Wolken und zwar mit einer so triumphierenden Schönheit,
als handele es sich bei ihnen um die miniaturisierte Variante der Deckenmalerei
eines Barockschlosses. Auch das andere Steckenpferd von Lengyel war eine Gestalt,
die musikalische Assotiationen hervorrief, nämlich das auch als Schlaginstrument
bekannte Triangulum, bzw. alle möglichen Varianten dieser geometrischen
Form miteinbezogen auch die ägyptischen Pyramiden.
Als dritten würde ich Tamás
Soós unter diesen professionellen Künstlern erwähnen. Er erarbeitete
eine eigentümliche Variante der efemeren Kunst, die er Day Art taufte,
und machte sich daran, solche Art von belanglosen Kunstwerken auch von seinen
Briefpartnern zu sammeln, um das Ergebnis dann als Mail Art auszustellen.
Viele von den bisher erwähnten
Ideen und Veranstaltungen bekamen einen Unterkunft in jenem Studentenheim an
der Bercsényi Straße, das der Technischen Universität zu Budapest
angehörte und zwar in dessem großen Saal im Erdgeschoß.
Das »Bercsényi« wurde ein Begriff in dem ungarischen Underground
und wurde von den mit den kreativen Experimenten sympathisierenden üblichen
jungen Leuten stark besucht. Während das Artpool mehr ein echtes Archiv
war, dessen Hauptaufgabe darin bestand, die internationalen Initiativen der
alternativen Szene samt ihren Protagonisten bekannt zu machen oder zumindest
zu dokumentieren, entwickelte sich das »Bercsényi« in den achtziger
Jahren zu einem spontan entstandenen Treffpunkt, wo es manchmal von Leben nur
so wimmelte.
Eine wichtige Rolle noch spielte
auch der budapester Klub der Jungen Künstler, der jedoch ganz eindeutig
von der Kommunistischen Jugendorganisation »KISZ« verwaltet wurde,
und wo man deshalb stets mit Kontrolle oder Zensur rechnen mußte. Neben
den langweiligen offiziellen Veranstaltungen gab es in diesem Klub auch Abwechslung
in der Form, daß in einer schön wiederkehrenden Regelmäßigkeit
auch die Mail Art Künstler oder die anderen Alternativen ihre Shows dort
vortragen durften. Man hatte den Eindruck, daß gerade deswegen, weil es
dort so »abgesichert« zu ging, man mehr wagen konnte als anderswo.
Dies stimmte auch meistens, unbeachtet dessen kam es doch wiederholt dazu, daß
die Leitung des Klubs auch die Mail Art Ausstellungen unter Juryzwang stellte
und den von ihr selbst vorgeschlagenen Shows plötzlich einen Verbot erteilte.
Dieses verblüffende Schicksal erreichte auch Galántais Commonpress
Material, das im Jahre 1984, als es gerade zusammenkam, unter den eingeplanten
Ausstellungen war.
Der dritte Ausstellungsraum
sicherte wieder eine freiere Atmosphäre, wo man normalerweise nicht mit
Spitzeln rechnen mußte. Es war die Liget-Galerie an dem budapester Stadtpark
liegend. Die Stube war eigentlich ein in die Richtung der Stadtmitte vorgezogenes
Bollwerk des Kulturhauswesens der Stadtverwaltung des XIV. Bezirks, d. h. eines
Viertels, das schon einen stark vorstadtähnlichen Charakter hatte. Vielleicht
gelang es auch deshalb dem Galerieleiter, Tibor Várnagy, den Behörden
weis zu machen, daß es sich hier nur um eine Spelunke handele, in der
man der Jugend gelten lassen sollte, daß sie machte, was sie wollte. Die
Liget-Galerie begann mit ihrem stark von der Undergroundszene beeinflußten
Ausstellungsprogram 1983, ihre Tätigkeit führte aber schon in die
dritte Epoche der ungarischen Mail Art über, in jene Abschlußperiode,
die eigentlich bis heute andauert.
Bevor ich jedoch auch die wichtigsten
Züge dieser jüngsten Periode aufskizziere, würde ich gerne auf
eine interessante Beobachtung ausweichen. Als ich in den Publikationen der ungarischen
Mail Art blätterte, fiel mir auf, daß die meisten Ausstellungsdokumente
oder Teilnehmerlisten keine Adressenverzeichnisse beinhalteten dies ist
ein Mangel, den man kaum zu entschuldigen vermag. Die Adressenlisten sind nämlich
die Seele der Mail Art Kontakt-Ketten und ihr Verschweigen könnte man mit
der Zerstörung des Mail Art Networks gleichsetzen.
Als ich Galántai fragte,
ob er eine Erklärung für diesen Mangel hätte, war er erst überrascht
es schien, als sei ihm dieser Umstand bisher gar nicht aufgefallen. Dann
aber versicherte er mir, daß man die Adressen der ungarischen Partner
hierzulande sowieso gut kenne, im übrigen hätte es auch bestimmte
Vorteile, wenn man keine Adressenlisten zu den Mail Art Aktionen hinzufügte.
Als er z. B. 1982 Material für seine Künstler-Briefmarken-Ausstellung
sammelte, kam aus den örtlichen Graphikern und Sympathisanten allein
aus Ungarn also ein etwa 150 köpfiges Einsender-Lager zusammen,
und unter den Beiträgen gab es auch viele politisch freimütige Äußerungen.
Aber wer ist fähig diese provokativen Texte in Briefmarkengröße
verkleinert noch zu lesen? Trotzdem gab es Interessenten. Unter den Teilnehmern
gab es nämlich auch eine bestimmte Mediatory Group, von der ein Mitglied,
das vergaß, sich näher vorzustellen, Galántai besuchte und
um Adressenlisten bat. Weil er solche nicht bekam, verschwand er und man hörte
nie wieder von dieser Mediatory Gruppe. Auch Galántais Gefühl war,
daß wohl deshalb, weil die Gruppe mit einer Abteilung des Innenministeriums
identisch war.
Es spielte keine Rolle, ob dieses
Gefühl wirklich begründet war oder es sich nur um eine Einbildung
handelte. Es ist nämlich nicht zu leugnen, daß die ungarische Mail
Art in der Atmosphäre der Illegalität geboren wwurde und die Künstler
sich bis zum Ende der achtziger Jahre gezwungen fühlten, ihre Postsendungen
»eingeschrieben« abzugeben, wenn sie sicher sein wollten, daß
ihre Briefe bei den Adressaten auch ankamen. Die Mail Art besaß natürlich
auch in Ungarn jenen Frohsinn und Spontanität, wodurch sie sich in jene
Richtung entwickelte, die dazu führte, daß sie mit der Zeit zu einem
ritualisierten Gesellschaftsspiel einer eigentümlich gefärbten Diaspora
oder Subkultur wurde. Trotzdem blieb sie mehr auf der Schattenseite des Lebens.
Entgegen alles Herumtollen, die man auf der Oberfläche sah, lief sie in
der Wirklichkeit mit einem eingezogenen Hals herum, sie blieb ungewandt.
Diese Befangenheit war natürlich
auch ihr Motor. Und dies war auch jenes emporsteigendes Licht, das später,
als die dunklen Wolken über ihrem Kopf schon im Begriff waren, sich aufzulösen,
die ganze Mail Art mit einer nostalgisch gefärbten Aura umgab.
3.
Diese Zeit war schon das Nachleben
der Mail Art. Die Liget-Galerie blieb weiterhin ein wichtiges Zentrum der sich
in dieser Zeit schon immer mehr gelösten und ungezwungen abrollenden Veranstaltungen.
Die erste Mail Art Ausstellung dort wurde 1984 von Robert Swierkiewicz und seiner
XERTOX Gruppe mit dem Titel »Brief dem unbekannten Zensor« organisiert.
Zwar spielten sie auch danach eine wichtige Rolle in der Liget-Galerie, doch
sie wurden nicht die echten Stammgäste des Hauses, sondern jene Gruppe,
die sich Stellvertretender Durstigen nannte (Hejettes Szomjazók).
Die Gruppe formierte sich aus dem Freundeskreis von etwa sechs-sieben vergnügten
jungen Leuten, die man bald für die bekanntesten unter den Underground-Erscheinungen
in dem ungarischen Kunstleben hielt.
Kann man sie zum Mail Art rechnen?
Ihre eigentliche Ausdrucksform waren gemeinsam abgehaltene Performancen und
die mit einer Mischung von Derbheit und Sensibilität übergossenen
literarischen und zeichnerischen Arbeiten das ganze wiederum nur als
»zufällige« Frucht ihres kreativen Zusammenseins vorgetragen.
In ihren Ausstellungen sah man doch oft auch ganz großformatige Bilder
und monumentale plastische Arbeiten, die auch durch eine gemeinsame Arbeit entstanden.
Man sollte also sagen, daß ein Teil ihrer Aktivität gewiß »museumsfähig«
war. Ihr echtes Gebiet blieb jedoch jene Art von Blasphemie, die sie ohne jegliche
technischen Vorbereitungen oder Gattungszugehörigkeit frei improvisierten
und deren tatsächlichen Inhalt man nur mit dem schon früher zitierten
Ausdruck »Kulturpfuscherei« zurückgeben kann.
Zwischen 1982 und 85 »redigierten«
sie auch eine mit Daubschablone hergestellte und teilweise mit Hand ausgemalte
voluminöse Zeitschrift, die im Endeffekt eine hausgemachte, mit Nähmaschine
zusammengeflickte Text- und Bilderantologie war. Sie hieß scherzhaft (auf
deutsch übersetzt etwa:) Weltanschaulichkundiges Magazin, bekannt war es
jedoch auch unter dem Namen World-out-looking Magazine und es hatte sechs
Ausgaben. Da sie auch mit selbstgemachten »Hausfarben« gefärbte
Siebdrucke in dieses Magazin einfügten, roch das ganze ziemlich nach Seife.
Sie überschütteten ihre Freunde und ihr Publikum nicht nur mit solchen
Publikationen, sondern auch mit allen möglichen Kleingraphiken, ferner
im blödli Stil gehaltenen Postsendungen und anzeigen-ähnlichen Drucksachen.
Durch diese Sendungen stiegen sie auch in das Neztzwerk der ungarischen Mail
Art ein. Einmal, noch 1986, wollten sie am 15. März, d. h. an dem
ungarischen Nationaltag in einer Provinzgalerie eine »echte« Nationalausstellung
veranstalten sie druckten zu dieser Gelegenheit ein Plakat und Einladungskarten,
die neben anderen unbequemen Verzierungen die folgende feierliche Überschrift
trugen: »Bewußtsein-befreiendes Kriegsmanöver der Stellvertretenden
Durstigen«. Meines Wissens war dies das einzige Mal, daß sie ein
regelrechtes Ausstellungsverbot bekamen. Ansonsten wurden die Stellvertretenden
Durstigen die Lieblingskünstler des budapester Ausstellungslebens als das
Ende der achtziger Jahre ankam und selbst die etablierten Kunsthallen und Museen,
die auf eine frische Stimme aus waren, wollten sie unbedingt haben.
Mit diesem burlesk-artigen Tonanschlag
waren sie nicht allein in Osteuropa. In vielem ähnelten sie der Gruppe
Lódz Kaliska, einem in Lódz (Polen) wirkenden Kreis, dessen
Mitglieder in erster Linie auch Aktionskünstler waren, die aber auch manual
verfertigte Magazine und mit einem ungebändigten Humor gewürzte Improvisationskunst
vertrieben. Es ist also kein Zufall, daß die Liget-Galerie eine »Zehn
Jahre alt ist der Lódz Kaliska« Show 1989 auf die Ehre ihrer polnischen
Freunde abhielt. Die Stellvertretenden Durstigen stoßen jedoch auch in
Berlin auf gleichgesinnte Kameraden es waren die Leute aus der Gruppe
Blinde Passagiere.
Ein ganz anderer Typ war J.
P. Jacob, früher als Posthype in der New Yorker Mail Art Szene bekannt,
der sich in den achtziger Jahren mehr zu dem Sammeln und Ausstellen von speziellen
Künstler-Photographien wandte. Weil er vor hatte, auch eine osteuropäische
Antologie aus den zeitgenössischen Avantgard-Photos zusammenzustellen,
reiste er mehrfach nach Warsau, Prag oder Budapest, und seine osteuropäische
Sammlung wurde 1986, als erste Station, in der Liget-Galerie ausgestellt. Ihr
Titel war The Second International Portfolio of Artists' Photography.
Um die Wende von 1990 war die
Mail Art in Ungarn schon so weit bekannt, daß sie auch in der Provinz
kleinere Zentren hatte. Die meisten solcher Initiativen verstummten jedoch wieder
nach den ersten Heim-Ausstellungen oder der anderen Art von Post-Kunst Aktionen
es fehlte schon in diesen Jahren an der echten Leidenschaft oder der
unstillbaren Neugier, was die Mail Art betraf. Es war sowieso die Zeit, in der
zwei neuartige Netzwerke auftauchten und den Mail Art Network weltweit überdeckten;
die Mode der mit der Rockkultur aufgewachsenen Funzins und die Welle
jener graphischen Magazine, der Graphzins, die einst aus den Punk Kreisen
stammten, sich aber von ihnen schon längst selbständig machten. Und
wie wir alle es erlebten, kamen noch die E-mail und das Internet
dazu. Diese elektronischen Kommunikationsnetze eroberten und lenkten in eine
völlig neue Richtung das Interesse in den neunziger Jahren.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit
kann man sich jedoch leicht einen Überblick davon verschaffen, was alles
seit dem Ende der achtziger Jahre in der ungarischen Mail Art statt fand:
Noch 1987 kam das erste ungarische
Mail Art Blatt mit einem ausgesprochenen Funzin-Charakter aus. Dies war ein
der Imkerei (?) und wie es in dem Untertitel dem Leser versprochen war
auch dem Wesen der Schollen (??) gewidmete Veröffentlichung, die
den zirillischen Buchstaben geschriebenen Titel L`p|i
Id|czÏz~p (»Maszek Ideggyógyász«,
auf deutsch: Der Private Nervenarzt) trug und von unbekannten Künstler
aus Szolnok verlegt auf vier Ausgaben brachte. Mit dieser Zeitung verglichen
durfte die Aktion Fixed Ideas & Icy Feelings, die von dem O.B. Studio
und Béla Pap 1988 in Budapest veranstaltet wurde als ein ganz normales
Unterfangen erscheinen. 1989 gelang es Galántai, die einst verbotene
Ausstellung des Commonpress 51. in einer rekonstruierten Form wieder
auf die Beine zu stellen. In dem selben Jahr startete Mihály Rácz
sein Second Vision Magazin und Pál Juhász in Debrecen das
Mail Art Graphzin Vasco de Gamma, das es in diesem und in den folgenden
Jahren insgesamt 11 Ausgaben hatte. 1990 organisierte Tamás Váczy
Jépont jene Aktion, die als Tripicon in Ungarn betitelt war.
Dann kam eine ganze Welle von
kleinen photokopierten, meist mit Graphikwerken gefüllten Mail Art Publikationen,
die alle zwischen 1990 und 1994 herauskamen. Pál Juhász taufte
sein gerade erwähntes Magazin auf Der gehängte Mensch um. Sándor
Csecse und Bálint Farkas verlegten den Schaden. László
Takács gab das Mildew Magazin in Kazincbarcika heraus, Péter
Kerekes The Last Post in Tiszaújváros und András
Voith das New Afazia in Debrecen. Dieser zuletzt genannte Künstler
rief später zu einer internationalen Aktion mit dem Titel Tolerance
auf und wurde dann in dem Underground auch dadurch bekannt, daß er den
Titel eines Konsuls des Neoismus in Ungarn von dem großen Monty
Cantsin alias István Kántor bekam. Übrigens gab es am Anfang
der neunziger Jahre auch einen anderen Zeitgenossen, Namens Ferencz Deák,
der sogar ein Hauptkonsulat von der selben Sorte in Budapest führen durfte.
Die ganze Welle dieser graphischen Zins wurde dann mit einer Zeitschrift von
internationaler Bedeutung gekrönt, die nach der Künstlergruppe, die
sie in Budapest verlegte, den Namen Árnyékkötõk
bekam. Sie ist eine noch immer vierteljährig erscheinende Antologie, die
der Elektrographik gewidmet ist. Die Gattung Elektrographik hat auch in der
Provinz interessante Vertreter, z. B. Gyula Máté in Bonyhád.
Auch die beiden letzten Mail
Art Publikationen, die ich noch erwähnen möchte, werden noch heute
verlegt. Die eine ist ein wunderschönes Assembling in einer Auflage von
75 Kopien mit originalen Beiträgen und sie wurde von Péter Abajkovics
und seinen Freunden in Szombathely gestiftet. Sie heißt Leopold Bloom.
Von ihm sollte man nicht nur wissen, daß er James Joyces Romanheld war,
sondern auch, daß es ihn tatsächlich gegeben hat, und bevor er nach
Irland ausgewandert ist, den Gerüchten nach ein Ungar war. Das andere Magazin
wird von unserem alten Bekannten, Gábor Tóth verlegt. Es handelt
sich dabei um eine elegant gestaltete Zeitschrift mit dem Titel Laza Lapok
(Lockere Blätter), in der Tóth allerlei experimentelle Literaturen
(auch solche von anderen Autoren) publiziert.
Diese zuletzt erwähnten
Periodika, die gelegentlich auch den professionellen Zeitschriften Konkurrenz
machen, sind ein Zeichen dafür, daß die ganze Mail Art Bewegung in
den jüngsten Jahren auch in Ungarn in die Situation kam, wo schon jenseits
der Schwelle die institutionisierte Kultur ihren Anfang hat. Und in der Tat
wurde gerade das wichtigste Organ der ungarischen Mail Art, das Artpool Archiv,
1991 zu einer öffentlichen Stiftung umgewandelt. Das Artpool ist jetzt
im Zentrum untergebracht, besitzt eine ganze Etage, und ihre Unterhaltung wird
aus dem Budget der Stadtverwaltung finanziert. Es ist noch kein Museum, aber
auch kein einfaches Privatarchiv mehr. Wenn dieser Versuch gelingt und das Artpool
sich als öffentliche Institution bewährt und tatsächlich einen
museumähnlichen Status bekommt, dann wird das wegen seines einmaligen
Charakters auch für die ganze internationale Alternativszene ein
interessantes Signal sein.
Literatur
IPARTERV 1968-1980. Katalog und Begleitsbuch zur »Jubileumsausstellung«
der »Iparterv«-Gruppe mit ausführlichem Quellenmaterial und
Presse-Echo, zusammengestellt von László Beke, Lóránd
Hegyi und Péter Sinkovits. Budapest, 1980.
Expresszió. Önmanipuláló szétfolyóirat.
(Expression, Selbstmanipulierende Zer-schrift) Hrg.: Árpád
Ajtony / Béla Happ. Budapest, 1971-72.
(Stiftungsurkunde, Adressenliste und Grundregel für einen Künstler-Netzwerk)
Zusammengestellt von Jaroslaw Kozlowski und Andrzej Kostolowski, Poznan
(PL), Mai, 1972. (Faksimileausgabe von G. Perneczky, Ed. Soft Geometry,
Köln, 1993)
Carrión, Ulises: Names & Addresses. Verbal, Visual and Aural Works.
Katalog. Fiatal Mûvészek
Klubja (Klub der Jungen Künstler), Budapest, 1979.
Letter (Pool Window). #1-30. (Mail Art Info-zine, englisch) Galántai
/ Artpool. Budapest, 1980-82.
Mûvészet & Posta / Postal Artwork. Ausstellungskatalog.
Kurator: Galántai Artpool / Róbert Swierkiewicz. Mini-Galéria,
Újpest. 1981.
Inconnu. Actionalistic Journal. #1-2. Punknow Ed., Inconnu Group.
Szolnok, 1980-81.
Substituable Self Portrait (Behelyettesítõ
Önportré). Mail Art Katalog (Text: ungarisch und englisch).
Hrg.: R. Swierkiewicz. Budapest, 1981-91
Everybody with Anybody. (Gummistempel-Aktion und Ausstellung) APS
N° 11. Artpool / Klub der Jungen Künstler, Budapest. Katalog mit
Fotodokumentation und beigefügten Originalstempeln. 1982.
X Art X Post. Katalog der Künstler-Briefmarkenausstellung im
Künstlerklub »Fészek« 1982. Artpool, Budapest, 1982.
Világnézetiségi Magazin. (World-out-looking Magazine).
#1-6. Stelvertretende Durstige (Hejettes Szomjazók) / István
Elek. Budapest, 1982-84.
Letter (AL). #1-11. (Kunstmagazin, ungarisch) Artpool, Budapest,
1983-84.
Alkalmi Eseményújság. Occasionally News of Events.
Inconnu Press, Arteria Ed. Szolnok / Budapest, 1984-86.
Hungary can be yours. Commonpress 51. Artpool, 1984-1989.
Galántai/Artpool Archiv 1968-1984. (Dokumentation-Band mit
Bildern und Texten) Artpool-Publikation, 1984.
International Day Art Exhibition. Katalog. Hrg.: Tamás Soós.
Liget-Galéria, Budapest, 1985
Bélyegképek / Stamp Images. (Künstler-Briefmarken).
Katalog. Hrg: Museum der Schönen Künste, Budapest / Artpool
Galántai. Text: Géza Perneczky (ungarisch und englisch). Budapest,
1987.
Perneczky Géza: The Artpool Archive. New Hungarian Quarterly,
Nr. 113. 1989 / Spring.
Liget-Galéria 1983-1990. Hrsg.: Tibor Várnagy / XIV.
ker. Mûvelõdési
Ház. Budapest, 1990.
Mulligan, Tom: Hungarian Underground Art, 1970-1990. Art Monthly (UK).
Nr. 137. June 1990.
Árnyékkötõk.
Electrographic Art. Bisher #1-16. (Magazin, Text ungarisch und englisch)
Hrg.: Zsuzsa Dárdai, János Szász, István Tenke,
Ervin Zsubori. Budapest, ab 1990.
Perneczky, Géza: A Háló. Alternativ mûvészeti
áramlatok a folyóiratkiadványaik tükrében
1968-1988. (Mit Abbildungen und vierzehn thematisch und geographisch geordneten
Literatur-Nachweis-Tabellen. Siehe auch: The Magazine Network) Héttorony
Kiadó. Budapest, 1991.
Artpool 1992. Documentation about exhibits, events, archive activity,
publications, etc. Artpool-Publikation, Budapest, 1992.
Perneczky: The Magazin Network. The trends of alternativ art in the
light of their periodicals 1968-1988. (Die englisch-sprachige Version des
»Háló«, jedoch ohne Bildmaterial) Edition Soft Geometry.
Köln, 1993.
Ereignis-Kalender, Ungarn, 1970-1990
(Selektiert)
Mai-Sept. Five Books, handgefertigte Monatsmagazin von Géza
Perneczky mit konzeptuellen Werken und mit einem imaginären Projekt
von manipulierten Postsendungen.
Okt. Gyula Pauer: Pseudo-Manifest und »Pseudo-Raum»
mit Pseudo-Objekten (Ausstellung im Attila József Kulturhaus, Budapest
/ Angyalföld).
»I'm glad if I can stamp«. Endre Tót fängt
seine Stempelaktion an.
1971-72 My rain your rain, Postkarten-Aktionen von Endre
Tót.
1971-72 Expresszió, »selbstmanipulieirende Zer-schrift«,
deren Kopien durch die Leser / Verleger samizdat-ähnlich weiter-redigiert
werden. Idee: Árpád Ajtony und Béla Happ.
20. Apr. Avangard Fesztivál (sic!) in Klub des Bercsényi-Studentenheims
mit 41 Kunst schaffenden Teilnehmern, darunter mit vielen künftigen
Mail Art Künstlern.
Mai-June. László Beke publiziert die erste Nummer seiner
Samizdat-Kunst-Magazin Ahogy azt a Móricka elképzeli
(Wie das der kleine Moricz sich vorstellt). Weitere Ausgaben können
nicht erscheinen.
June. László Beke ruft die internationale Künstlergemeinschaft
zur Gründung eines »World-Famous World-Archive«-s
auf.
Sommer. Sechs ungarische Künstler nehmen in einer Ausstellung in
der Galerie Foksal, Warschau, teil. Unter ihnen ist Endre Tót, der
»Texte« mit lauten Zeros ausstellt. In diesem und in den nächsten
Jahren: Zero-Briefe von Endre Tót (Adressaten: Ben, Gilbert
& George, John Armleder, usw.)
Aug. Szövegek / Texts, internationale Ausstellung von Werken
der visuellen Poesie (auch aus dem Underground), zusammengestellt von Dóra
Maurer, in der Kapelle-Galerie von Balatonboglár. Veranstalter: György
Galántai. Während der Ausstellungszeit wird die Kapelle als
Ausstellungsort von den Behörden geschlossen.
Okt. Die erste Ausstellung von Róbert Schwierkiewicz, in der er
die gesammelten Fotos eines Mail Art ähnlichen Projekts ausstellt:
Padlásbagatell (Dachboden-bagatell), Szeged, KISz-Klub.
1974 Zero-Briefmarken mit Zero Post Überschrift von Endre
Tót (Edition Howeg, CH-Hinwil).
TÓTal quuestions by TÓT. Mail Art Aktion von Endre
Tót unter seiner Partner George Brecht, Dick Higgins und Pierre
Restany.
Apr.-Mai. David Zack besucht Budapest und stellt Mail Art Archiv-material
im Klub der Jungen Künstler aus (Anläßlich der Schow erscheint
der erste Mail Art Katalog in Ungarn, xeroxiert, Format: A6).
Endre Tót in Gallery Ecart, Genf und bei den Künstlern
der Coum Transmission, London.
Some Nullified / Rainy / Questions for you. I'm glad if I can
ask you questions. Endre Tót's internationale Mail Art Aktionen,
gestartet aus der Gallery »A«, Amsterdam, bzw. aus verschiedenen
Galerien von Reykjavik, San Francisco und Budapest
Okt. Anna Banana und Bill Gaglione in Budapest. Aktionsabend
im Klub der Jungen Künstler. Anna Banana's Mitwirkung in einer Ausstellung
von György Galántai.
The last Mail Art exhibition. Organisiert von László
Beke, ausgestellt im Hatvany Lajos Múzeum, Hatvan
Nov. New Signalistic Strip, Manifest und Ausstellung von Árpád
Fenyvesi Tóth, Klub der Jungen Künstler, Budapest.
März. Die Gründung des Artpool Archiv's von György
Galántai und Julia Klaniczay.
Die ersten Aktionen der Group Inconnu, es erscheint die Hard
Magazin.
Telepatic Music by Robert Filliou, veranstaltet von Artpool im
Klub der Jungen Künstler, Budapest.
Dez. Ulises Carrión besucht Budapest. Er hält den Vortrag
Verbal, Visual and Aural Works 1973-1979 und macht die Ausstellung
Rubber Books & Post im Klub der Jungen Künstler.
Sent Art. Mail Art Ausstellung der Artpool Collection im Klub
der Jungen Künstler.
G. A. Cavellini's Besuch in Budapest. Shows und Aktions, veranstaltet
von Artpool und von dem Klub der Jungen Künstler.
Hand & Idea (what to be found out). Mail Art Projekt von Árpád
Fenyvesi Tóth, Balatonfenyves.
1981-1982. Pool Letter (Poole Window) #1-30. Englisch-sprachige
ein-seitige Mail Art Info-zine in A4 Format, herausgegeben von György
Galántai.
1981-82. Inconnu. Actionistic Journal. Punkknow Ed., Inconnu Group.
#1-2. Voluminöse Zeitschrift mit Aktionen und Mail Art Projekten in
überwiegend ungarischer Sprache von der Inconnu Gruppe.
und in den nächsten Jahren: International Sznob. #1-5. Tamás
Papp's Magazin mit experimentaler Literatur und visualem Material, die teilweise
durch die Mail Art Kanälen angekommen ist.
Jul.-Aug. Mûvészet
& Posta. (Kunst und Post) Aktionen unter Mitwirkung ungarischer Künstlern,
veranstaltet von Galántai und Swierkiewicz. Das Resultat wird als
Mail Art Projekt in Mini-Galéria, Újpest, ausgestellt.
ArtUmbrella Postcard-Show. APS N° 8/1. Mail Art Projekt
von György Galántai, ausgestellt in der Helikon-Galéria,
Budapest.
1981-1991. Substitutable Self Portrait. Mail Art Projekt von Róbert
Swierkiewicz, voluminöse Publikation in Offset-Druck, publiziert jedoch
erst 1991 (Text auch englisch: Ágnes Gyetvai).
Fixing of Sings. Mail Art Projekt von Zoltán Bakos, Tapolca.
Febr. Everybody with Anybody (Stampworks of Hungarian Artists),
APS N° 11. Stempel-Kunst Projekt, Aktion, Ausstellung und Dokumentation
von Galántai/Artpool, veranstaltet im Klub der Jungen Künstler.
März-Apr. Triangulum. Ausstellung von András Lengyel
in der Stúdió Galéria, Budapest.
Gründung der »Buda-Ray University« durch Artpool,
für die Bearbeitung des von Ray Johnson gesendeten visuellen Materials.
Apr. World X Art X Post. Internationale Künstler-Briefmarken
Ausstellung im »Fészek« Klub, Budapest, organisiert von
Artpool / Galántai. 550 Teilnehmer aus 35 Ländern. Voluminöser
Katalog, Texts von Peter Frank, E. F. Higgins III. und Rudolf Ungváry,
alle englisch.
Apr.-Mai. Natur-Geometry-Esoteric. Mail Art Projekt von András
Lengyel, 76 Teilnehmer, ausgestellt in der Mini Galéria, Újpest.
Mai. XERTOX-diagnosztika I.: Men's Experiments. Internationale
Mail Art Projekt, beschränkt auf eingesendete Xerographie-Arbeiten.
Geplante, aber verbotene Ausstellung im Museum von Pesterzsébet/Budapest,
dann doch realisiert im Bercsényi-Klub, Oktober, Budapest.
Sept. Mûhely-teszt
(Wekstatt-Test). Mail Art Projekt von Swierkiewicz, Ungarische Nationalgalerie,
Budapest.
1982-1985. Világnézetiségi Magazin / World-out-looking
magazine. #1-6. Kompillations, herausgegeben von der Gruppe »Stelvertretende
Durstige«.
März. Knick-Knack. Mail Art Projekt von XERTOX / Swierkiewicz,
ausgestellt im Bercsényi-Klub.
Apr. Mail Art Plakat-Ausstellung. Organisiert von XERTOX im Bercsényi-Klub.
Apr. Morandi XERTOX. Mail Art Projekt im Klub der Jungen
Künstler.
Marx-Test. Anläßlich des hundertjährigen Todestag
von Karl Marx veranstaltet Géza Perneczky einen internationalen Mail
Art Projekt aus Köln, dessen Resultat noch im selben Jahr im Pohler-Atelierhaus
/ Köln ausgestellt wird.
15. Apr. Budapest-Wien-Berlin Telephone-Konzert. Experimentelle
Metakommunikation, organisiert von Artpool. Moderators: János Vetõ
in Budadest (Artpool Studio), Bob Adrian und Helmut Mark in Wien (Österreichische
Kultur-Service), Rainald Schumacher in Berlin (Auf und Abbau Galerie).
1. Nov. Veranstaltung Galeria Arteria im Bercsényi Klub
von der Gruppe Inconnu.
1983-84. Art Letter (AL). #1-11. Kunstmagazin in Format von A5
und A4, Text ungarisch, herausgegeben von Galántai / Artpool.
1983-1984. Commonpress N° 51: »Hungary can be yours«
von Galántai. Eine Ausstellung über das angekommene Material
(104 Teilnehmer aus 18 Ländern) wird 1984 im Klub der Jungen Künstler
geplant, jedoch nicht genehmigt.
März-Mai. In between practical art and image technology.
Mail Art / Xerographie Projekt von der Gruppe XERTOX in der Liget-Galéria.
In der Eröffnung: »Letter to the unknown censor«.
Apr. I expect your smile. International Mail Art Projekt von XERTOX
»Music Section« / Imre Regõs,
ausgestellt im Bercsényi-Klub.
Sept. Experiment Art: prints, Drawings, Photo, Collage. International
Mail Art Show im Klub der Jungen Künstler.
1984-1986. Alkalmi Eseményújság / Occasionally
News of Events. #1-3. Aktionistische Magazin von der Gruppe Inconnu.
25. Mai 8. June. Artéria Galéria. Aution
und Verkauf, veranstaltet von der Gruppe Inconnu, in einer Wohnung unter
Lajos-str. 142, Budapest.
Nov. International Day Art Exhibition. Mail Art Projekt, organisiert
von Tamás Soós, ausgestellt in der Liget-Galéria. Voluminöser
A4 Katalog.
Nov. Reveláció. International Mail Art Projekt,
organisiert von XERTOX (Róbert Swierkiewicz, Lajos Hartvig, Jenõ
Lévay, Zsolt Kishont), ausgestellt in Sárospataki Képtár
(1987 auch in Miskolc und in Dez. 1987 in Finnland).
15. März. A Hejettes Szomjazók Tudatfelszabaditó
Hadmûvelete.
(Das Bewußtsein-befreiende Manöver der Stellvertretenden Durstigen.)
Eine verbotene Ausstellung in Komárom.
Mai. The Second International Portfolio of Artists' Photography. (Eastern
European Artists). Ausgestellt in der Liget-Galéria, Kurator:
John P. Jacob.
Dez. Liget Symphonia. Xertox-Aktion mit Mail Art Künstlern
in der Liget-Galéria.
Guy Schraenen's Besuch in Budapest. Vortrag und Ausstellung aus
seinem Archiv im Klub der Jungen Künstler.
Apr.-June. Envelopes (mit Künstlerbriefmarken). Mail Art
Ausstellung aus dem Material des Artpool-Archivs in der Liget-Galéria.
Unnecessary Photo. Árpád Fenyvesi Tóth's
Mail Art Aktion, Balatonfenyves.
The Fourth Dimension. Mail Art Projekt von Rudolf Takács,
Budapest
Mai-Sept. Stamp Images. (Künstler-Briefmarken). Ausstellung
im Museum der Schönen Künste, Budapest, organisiert von Artpool.
Katalog, Text von Perneczky, auch englisch.
Dez. In the Spirit of Marcel Duchamp. Mail Art Projekt von Artpool
in der Liget-Galéria / Symposion an der University, Budapest.
Napoleon. Mail Art Projekt von Béla Papa, Szolnok.
June-Jul. Correspondence Container. The Artpool's Ray Johnson Ceiling.
Organisiert von Burg Jansenplein, Hengelo, Holland / Artpool, Budapest.
Xertox-diagnosztika II. Meditational exercises. International
Mail Art / Xerographie Projekt.
June-Jul. Artpool's Ray Johnson Space. International Mail Art
Projekt, ausgestellt im Kulturhaus von Székesfehérvár.
Második Látás / Second Vision. Mail Art Magazin
(»a mis'zine«) von Mihály Rácz, Budapest.
Dez. Rekonstruktion der Ausstellung Hungary can be yours von 1984.
Artpool, Klub der Jungen Künstler.
1989-1990. Vasco de Gamma. #1-11. Mail Art Monats-Magazin von Pál
Juhász, Debrecen.
Visions of the 20. Century. Mail Art Projekt von Sándor
Czobor, Kisújszállás.
Die Begründung der internationalen Elektrografik-Magazin Árnyékkötõk
in Budapest, die dann auch Mail Art und Fax Art Nummer herausbringt. Herausgeber:
Zsuzsa Dárdai, János Szász, István Tenke, Ervin
Zsubori.